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Arthur Stadthagen :Anwalt der Armen und Opfer der kaiserlichen Klassenjustiz.

Donnerstag, 17. Dezember 2009 | Autor: hfe | Diese Seite als PDF herunterladen

Eine Darstellung seines juristischen und rechtspolitischen Wirkens bis 1895.

von Holger Czitrich-Stahl

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I. Vorbemerkungen

Arthur Stadthagen, geboren am 23. Mai 1857 in Berlin und am 5. Dezember 1917 auch dort verstorben, wirkte als der erste sozialdemokratische Jurist im Deutschen Reichstag, dem er von 1890 bis 1917 ununterbrochen als Abgeordneter des Wahlkreises Potsdam 6/Niederbarnim angehörte.  Da über ihn noch keine zusammenhängende biographische Darstellung existiert, habe ich 2008 in einem ersten längeren Aufsatz „Annäherungen an einen beinahe vergessenen Sozialisten“ zu unternehmen versucht, in dem ich auf einige bedeutende Lebensstationen, Hintergründe und auf elementare Fragestellungen eingegangen bin. (1)

In diesem Folgeaufsatz beabsichtige ich, Arthur Stadthagens Werdegang vom jungen Rechtsanwalt bis hin zum Verfasser des bedeutenden Rechtswerkes „Das Arbeiterrecht“, erschienen im Jahr 1895 (2), nachzuzeichnen, soweit es die immer noch schwierige und äußerst lückenhafte  Quellenlage erlaubt. Dabei stütze ich mich im Besonderen auf die ungedruckten Akten des Polizeipräsidiums zu Berlin, die im Landesarchiv Berlin unter der Registratur A Pr.Br. Rep 030 geführt werden und die Überwachung der Sozialdemokratie und anderer politischer Bewegungen im Deutschen Reich dokumentieren.(3)

Eine weitere wichtige Quelle bilden die Redebeiträge Arthur Stadthagens im Deutschen Reichstag von 1890-1895, die seine Entwicklung vom Parlamentsneuling zum Rechtsexperten der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion widerspiegeln. (4)

Zusätzlich gründe ich meine Ausführungen auf die Selbstauskünfte Stadthagens, die er anlässlich seines Ausschlusses aus der Rechtsanwaltschaft nach dem Ehrengerichtsurteil vom 17. November 1892 den Lesern des sozialdemokratischen „Vorwärts“ darlegte. (5)

Die Darlegungen  auch dieses Aufsatzes folgen mitunter dem Modell eines Puzzlespiels, denn neuere grundlegend systematisierte Quellen sind weiterhin nicht aufzufinden. Doch zeigen  gerade die benutzten ungedruckten Quellen aus den Polizeiakten ein durchaus hinreichendes Abbild der Ereignisse, da sowohl Stellungnahmen staatlicher und staatsnaher

Observanz als auch oppositionelle, das heißt sozialdemokratische Positionen von den Überwachungsbehörden archiviert worden sind. Gelegentlich kann Sekundärliteratur ergänzend hinzugezogen werden.

Mir ist in diesem Aufsatz vor allem daran gelegen, den Einsatz Arthur Stadthagen für die Rechte der Schwachen und  politisch Niedergehaltenen zu rekonstruieren. Dabei bilden die sich schon früh anbahnenden Konflikte des jungen Rechtsanwalts mit den mächtigen Vertretern eines sich als konservativ und kaisertreu definierenden Berufsstandes einen Dreh- und Angelpunkt der Untersuchung. Schon in meinem vorhergehenden Aufsatz habe ich die Frage erörtert, ob Arthur Stadthagen Sozialist wurde, weil er den Auswirkungen der Klassenjustiz im Deutschen Kaiserreich selbst ausgesetzt wurde, oder ob er von jener schikaniert wurde, weil er schon früh als Sozialdemokrat zu erkennen war. Ich habe diese Frage in letzterem Sinne zu erörtern versucht. Von Bedeutung ist dabei sicherlich die Tatsache, dass die polizeiliche Überwachung Stadthagens durch den  Landgerichtspräsidenten von  Angern in einer handschriftlichen Aktennotiz vom 23. April 1887 eingefordert wurde. (5a)

Arthur Stadthagen jedenfalls erkannte frühzeitig den politischen Charakter der Rechtsprechung in Berlin unter den Bedingungen des „Sozialistengesetzes“. Insofern liegt die These nahe, dass die Versuche der konservativen Rechtsanwaltschaft, einen unliebsamen sozialistischen „Nestbeschmutzer“, Jude zumal, loszuwerden und unwirksam zu machen, nicht nur zur Entscheidung für die Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung Berlins 1889 und zur Reichstagskandidatur für den Niederbarnim 1890 führten, sondern die Entscheidung zum Verfassen und Publizieren eines Rechtshandbuches unmittelbar beeinflussten. Dass das „Arbeiterrecht“ sofort nach seinem Erscheinen 1895 einen solchen öffentlichen Widerhall finden würde, dass es 1896 in einer zweiten Auflage erneut erscheinen konnte, spricht für das vorhandene gesellschaftliche Bedürfnis in der Arbeiterklasse, aber auch über diese hinaus, nach einem Ratgeber des Rechts, das Arthur Stadthagen mit seinem Vorhaben erfüllen konnte. Wilhelm Dittmann, der Novemberrevolutionär und spätere Vorsitzende der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD), der linkssozialistischen Abspaltung von der (M)SPD,  formulierte in seinen Erinnerungen: „In der Tat war das Arbeiterrecht damals so etwas wie eine Bibel der Sozialpolitik und hat viel zu ihrer Popularisierung beigetragen.“ (6)

Sollten die konservativen Juristen ernsthaft das Ziel verfolgt haben, durch das am im November 1892 verhängte Berufsverbot gegen Arthur Stadthagen einen zungenfertigen Kritiker mundtot zu machen, so  erreichten sie indes allenfalls das genaue Gegenteil: Wenn Stadthagen seit Ende 1892 schon nicht mehr als Anwalt praktizieren und seine Mandanten persönlich beraten konnte, so beriet er sie nun publizistisch und volksnah. Und so blieb er zeitlebens beides: Anwalt der Armen und Schreckbild der Standesjuristen, die ihm gleichwohl ihre fachliche Anerkennung nicht versagen konnten.

II. Berufliche Anfänge und erste politische  Standeskonflikte (1884-1889)

Nachdem Arthur Stadthagen am Berliner Friedrichs-Gymnasium in der Albrechtstraße zu Ostern 1876 sein Abitur erfolgreich abgelegt hatte, studierte er von 1876-1879 an der Friedrich Wilhelms-Universität zu Berlin Rechtswissenschaften. Um den einjährigen Militärdienst abzuleisten, unterbrach er das Studium 1876/77. Während seines Rechtsreferendariats  verdiente sich  Stadthagen seinen Unterhalt als Stenograph im Deutschen Reichstag, eine Erfahrung, die politisch nicht wirkungslos geblieben sein dürfte. Seit dem 26. März 1884 wirkte er als Assessor, am 19. Mai 1884 erhielt er die Anstellung als Rechtsanwalt beim Berliner Landgericht II.

In dieser Tätigkeit muss Arthur Stadthagen früh in Kontakt zu Menschen aus der Arbeiterklasse und aus anderen unterprivilegierten Schichten gekommen sein. In jenen Jahren entwickelte sich sein Leumund als „Anwalt der Armen“, wie Ernest Hamburger in seiner Darstellung hervorhob, und als Anwalt in politischen Prozessen. (7) Stadthagen selbst schrieb von über tausend Prozessen, die er in all diesen Jahren vor allem für Unterprivilegierte geführt habe. Nach seinem Tode ehrten ihn seine Genossen, indem sie über diese Zeit seiner Rechtsanwaltstätigkeit rückblickend schrieben: „Er dachte gar nicht daran, in seiner Person das schöne Geld retten zu wollen, das sein Vater für Erziehung und Ausbildung als Kapital in ihm angelegt hatte, er setzte rücksichtslos alles ein, um den in die Fänge des Gesetzes Geratenen mit allen Mitteln zu helfen. Das wurde ihm schwer angekreidet. Damals, Ende der achtziger Jahre, galt es noch als eine Art Schandfleck des Standes, Sozialdemokrat zu sein.“ (8)

Seinen ersten massiven Konflikt mit seinen eigenen Berufskollegen erlebte Arthur Stadthagen bereits im November 1886. Dort verteidigte er die damaligen Vorstandsmitglieder des „Vereins zur Vertretung der Interessen der Arbeiterinnen“, namentlich Frau Dr. Hoffmann, Frau Stägemann, Frau Ihrer und Fräulein Jagert „wegen Übertretung des Vereinsgesetzes“, womit das  „Sozialistengesetz“ gemeint war. Der Verein wurde laut Urteil geschlossen und die Angeklagten wurden mit Geldstrafen belegt. Zur Begründung hieß es, der Verein habe bezweckt, politische Gegenstände in seinen Versammlungen zu erörtern, weshalb aber Frauen nicht hätten aufgenommen werden dürfen. (9) Arthur Stadthagen als Verteidiger des Arbeiterinnenvereins hatte daraufhin nichts weiter als die Akteneinsicht  beantragt. Diese wurde ihm mehrfach vorenthalten. Die „Vossische Zeitung“ berichtete, als Stadthagen „zur Einsichtnahme der Akten auf die Gerichtsschreiberei kam, wurde ihm die Auskunft, daß die Akten zur Ladung der Zeugen an die Staatsanwaltschaft gegangen seien“, erteilt, „und auf seine Anfrage daselbst und sein Verlangen, die Akten noch an demselben Tage an die Gerichtsschreiberei gelangen zu lassen, hat der Sekretär letzteres für unmöglich erklärt und darauf hingewiesen, daß die Rechtsanwälte nur berechtigt seien, auf den Gerichtsschreibereien Einsicht in die Akten zu verlangen.“ (10)

Dieses Vorgehen als eine Einschränkung der Rechte des Verteidigers kennzeichnend, setzte Stadthagen am 16. November 1886 eine Beschwerdeschrift auf, die er an das Gericht und die Staatsanwaltschaft versandte. In jener Beschwerde wies Stadthagen auf unbillige Härten den angeklagten Frauenvertreterinnen gegenüber hin, die bei Nichtzahlung der Geldstrafen in Haft genommen worden wären. Die Geldstrafe beglich Arthur Stadthagen ganz offensichtlich aus eigener Tasche, was nach Auffassung des Gerichts unzulässig war. Stadthagen selbst schrieb 1892 dazu: „Der an die Staatsanwaltschaft endlich gerichtete Schriftsatz enthält mit Rücksicht darauf, daß in der damaligen Zeit in Berlin  trotz Zahlung der erkannten Geldstrafen Personen zwecks Strafverbüßung in Strafhaft genommen waren, die zu Geldstrafe und nur im Unvermögensfall zu Freiheitsstrafe verurtheilt waren, und mit fernerer Rücksicht darauf, daß mir für die Angeklagten Geld eingehändigt war, daß aber die Ober-Staatsanwaltschaft die Zahlung von Geldstrafen für Angeklagte seitens Dritter für unzulässig erachtete, den Hinweis, daß die Vollstreckung der Strafe ohne vorherigen Versuch der Beitreibung der Geldstrafe qualifizierte Freiheitsberaubung sein würde.“ (11)

Diese Fundamentalkritik trug ihm die erste Anklage vor dem richterlichen Ehrengericht ein. Aus taktischen Gründen wurde jedoch zunächst zugunsten einer strafrechtlichen Verhandlung zurückgezogen. Man warf dem jungen Rechtsanwalt vor, seine Berufspflichten verletzt sowie  den Staatsanwalt Angern sowie die Strafkammer I beleidigt zu haben. Der Strafprozess wurde am 27. Mai 1887 durchgeführt. Arthur Stadthagen argumentierte, nachdem das Gericht zwei von ihm gestellte Anträge auf Befangenheit und Vertagung abgelehnt hatte, umgehend politisch, indem er herausstellte,  dass er „glaube, in der Verhandlung gegen Frau Dr. Hofmann (*) den Beweis geführt zu haben, daß zur Schließung des Vereins letztlich politische Beweggründe maßgebend gewesen, weil derselbe sich einer bestimmten politischen Richtung nicht angeschlossen habe.“ (12) Er umging also eine direkte Erwähnung des sozialdemokratischen Vereinscharakters und unterlief somit argumentativ die Bestimmungen des „Sozialistengesetzes“, indem er das Urteil als Bestrafung nichtkonservativen Verhaltens interpretierte, der Arbeiterinnenverein wäre im Umfeld der antisemitischen Stöckerschen Bewegung sicherlich sehr wohl gelitten gewesen.

Den Vorwurf der absichtsvollen Beleidigung wies Stadthagen energisch, aber ebenso politisch zurück: „Unter keinen Umständen habe er dem Gerichte den Vorwurf einer Verletzung des Anstandes machen wollen, sondern im Gegenteil nur beabsichtigt, die Meinung auszudrücken,  daß es der Würde eines Rechtsanwalts nicht entspreche, wenn er in die Lage komme, sechsmal vergeblich zur Einsichtnahme der Akten in der Gerichtsschreiberei zu erscheinen.“ (13)

Die offensive Gangart Stadthagens, der hier implizit die Verlagerung der Gewichte zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung zugunsten der letzteren Seite einforderte und keinen Hehl aus dem politischen Charakter seines Falles machte, forderte die Anklägerseite derart heraus, dass der Staatsanwalt Heppner die Untersuchung des Geisteszustandes Stadthagens und eine längere Freiheitsstrafe verlangte.

Dieser Aufsehen erregende Fall endete zwar mit einem Freispruch Stadthagens in der Sache der unterstellten Verletzung der Berufspflichten, allerdings mit der Verhängung einer Geldstrafe von 1000 Mark wegen „formeller Beleidigung“. (14) Damit wäre theoretisch  die dritte von fünf Stufen der ehrengerichtlichen Strafzumessung erreicht gewesen. Arthur Stadthagen befand sich nun im Visier der politischen und juristischen Inquisitoren, zumal er seit dem 27. April 1887 nun auch systematisch observiert wurde. (15)

Offenbar reichte die Verurteilung zu einer Geldstrafe den Gralshütern konservativer Justiz nicht aus. Vielleicht gar sahen sie nun die günstigere Gelegenheit für ein ehrengerichtliches Verfahren gekommen zu sein.  Und so wurden Arthur Stadthagen am 21. Juni 1887 die erste ehrengerichtliche Anklage nebst Eröffnungsbeschluss und Ladung zum 4. Juli 1887 umgehend zugestellt. Gegenstand der Anklage war erneut der Vorwurf der Verletzung der Berufspflichten.

„Die Anklageschrift behauptete, in den Revisions-Rechtfertigungsschriften hätte ich „die frivolsten Verleumdungen“, „die schwersten, völlig unbegründeten Behauptungen“ aufgestellt. Zwei der inkriminierten Aussagen bezogen sich auf die Tätigkeit des Landgerichtsrates Brausewetter, der „wegen seiner politischen Gesinnung befangen gewesen sei“ und dadurch das Urteil maßgeblich beeinflusst habe. Brausewetter galt seinerzeit als „Sozialistenfresser“. (16) Weiterhin warf die Anklageschrift Stadthagen dessen systematische Kritik an der Fehldarstellung von Aussagen von Angeklagten und Zeugen in den Verhandlungsprotokollen vor, diese gipfelten in der Feststellung Stadthagens, „das unter Leitung des Landgerichtsdirektors Lütty ausgefertigte Protokoll (**) sei gefälscht.“ (17)

Zur Verteidigung wurden ihm zwölf Tage Frist eingeräumt; als Termin beraumte man den  4. Juli 1887 ein.  Stadthagen selbst war vorher zu keiner Zeit zu den Anklagepunkten vernommen worden.

Der Ehrengerichtsprozess besaß a priori eine irreguläre Note, denn der Eröffnungsbeschluss enthielt die Bemerkung, dass Stadthagen zu den ihm zur Last gelegten Anklagepunkten Aussagen gemacht habe. Der leitende Richter, Justizrat Laué, musste denn auch zugestehen, dass das Verfahren sich ausschließlich auf die Anklageschrift stütze. Stadthagen beantragte zu seiner Entlastung die Vorladung mehrerer in den betroffenen Verfahren eingesetzter Richter und Anwälte als Zeugen.

Stadthagens Prozesstaktik erwies sich in weiten Teilen als effektiv: „Auf Grund der Beweisaufnahme, insbesondere auf Grund der auf meinen wiederholten Antrag zur Verlesung gebrachten Aktenstücke gab der, den Oberstaatsanwalt vertretende Staatsanwalt im Termin vom 4. Juli 1887 sehr erregt zu, daß von einer Verleumdung keine Rede sein könne, führte aber aus, daß, wenn ein Anwalt derartige (in Ausübung seiner Pflicht erhobene) Angriffe erhebe, er das gute Einvernehmen zwischen der Rechtsanwaltschaft und den übrigen Organen der Rechtspflege störe und daß er deshalb die Ausschließung aus dem Rechtsanwaltsstande beantrage.“ (18) Damit erzwang Stadthagen das explizite Eingeständnis, dass es in dem Ehrengerichtsverfahren vor allem um das Selbstverständnis der Juristen im Rahmen der Funktionsmechanismen des kaiserlichen Staatsapparates ging und Stadthagen auf diesen Kurs gezwungen werden sollte. In elf von dreizehn Anklagepunkten musste Arthur Stadthagen freigesprochen werden. Allerdings erkannte das Ehrengericht auf einen Verweis gegen ihn wegen Beleidigung und Pflichtverletzung. Auf der Stufe der Ehrengerichtsbarkeit befand sich dieser Spruch auf der zweituntersten Ebene. Süffisant kommentierte Arthur Stadthagen weiterhin: „Zwei – nicht sozialdemokratische – ältere Anwälte, an die ich mich in dieser Angelegenheit wendete, meinten, es sei die Anklage nur dann begreiflich, wenn gegen mich in politischer Hinsicht etwas vorliege.“ (19)

Eine weitere, von der Berliner Oberstaatsanwaltschaft beantragte Revision vor dem Ehrengerichtshof mit dem abermaligen Antrag auf Ausschluss Stadthagens aus der Rechtsanwaltschaft wurde am 27. April 1888 abschlägig beschieden. Alle Versuche, einen kritischen jungen Rechtsanwalt zu disziplinieren, der sich engagiert der Rechtsprechung zugunsten der „kleinen Leute“ zu widmen begonnen hatte und dabei selbst materiell half, wo Hilfe nötig war, schienen vorerst  gescheitert zu sein.

Doch Ruhe vor der Verfolgung durch die eigenen Berufskollegen war Stadthagen dadurch nicht gegönnt. Schon am 13. Dezember 1888 erfolgte eine weitere Vorladung zu einem ehrengerichtlichen Verfahren, das am 5. Januar 1889 eröffnet wurde. Auf „Verletzung der Berufspflichten“  lautete die Anklage ein weiteres Mal, jedoch blieb es auch in diesem Verfahren – entgegen der Ausschlussforderung der Staatsanwaltschaft -  bei einem Verweis, da Stadthagen keine bewusste Zuwiderhandlung nachgewiesen werden konnte. Dennoch ist die folgende Ausführung aufschlussreich, weil sie den weiteren Fortgang im Sinne der Standes- und  Klassenjustiz präjudizierte: „Der Angeklagte hat von neuem ein so unzureichendes Verständnis für seine Stellung zu anderen Organe der Rechtspflege bekundet, daß eine nachdrückliche Korrektur desselben geboten erschien. Andererseits ist berücksichtigt, daß der größte Theil der Vorwürfe, welche dem Angeklagten in der früheren Anklage unter besonders starken Ausdrücken gemacht waren, sich als unbegründet herausgestellt hat und daß er sich dadurch wohl verletzt fühlen konnte. Das Ehrengericht hat deshalb die Strafe des Verweises wiederum für nothwendig, aber auch für genügend erachtet.“ (20)

Mit anderen Worten konnte man das Urteil dahingehend interpretieren, dass Stadthagen eindeutig als „politisch unzuverlässig“ galt. Gleichzeitig konnte die Seite seiner Gegner ebenso daraus schließen, dass seine offensichtlich zum Aufbrausen neigende Natur sicherlich offene Flanken ergeben würde, die begründete Beleidigungstatbestände möglich machen könnten. Insofern wirkte dieses scheinbar milde Urteil als ein zweischneidiges Schwert. Und das schien das juristische Establishment sehr wohl verstanden zu haben.

Inzwischen hatte die Überwachung Stadthagens durch die Politische Polizei mehr Klarheit über seine Haltung zu der durch das „Sozialistengesetz“ illegalisierten Sozialdemokratie geschaffen: „Der Rechtsanwalt Arthur Stadthagen soll nach einer kürzlichen Meldung der „Vossischen Ztg.“ seinen Beitritt zur sozialdemokratischen Partei definitiv vollzogen haben, ein Vorfall, der einigen Blättern Gelegenheit giebt, über das enge Zusammenwirken des Judenthums mit der Sozialdemokratie zu sprechen. Allerdings ist dafür im vorliegenden Falle ein neuer eklatanter Beweis gegeben, doch ist von größerem Gewicht wohl die Frage, in wie weit sich die Stellung eines offenen Anhängers der Sozialdemokratie mit derjenigen eines Rechtsanwalts verträgt. Es wurde hierfür bereits vor wenigen Monaten ein Präzedenzfall geschaffen, als der Düsseldorfer Rechtsanwalt Belles in einem rheinischen Wahlkreise als Kandidat der Sozialdemokratie bei einer Nachwahl fungierte. Sollte aber diese Praxis noch weiter um sich greifen, so würde damit wohl  ein vortreffliches Agitationsmittel gegeben sein, die Frage einer eventuellen Verstaatlichung der Advokatur etwas mehr in den Vordergrund treten zu lassen.“ (21)

Um einer „Infiltration“ der Rechtspflege durch die sozialistischen Kräfte vorzubeugen, solle man also ernsthaft über die Beseitigung rudimentärster Ansätze einer unabhängigen Justiz nachdenken, so lautete also der aus diesen Bemerkungen resultierende strategische Ratschlag. In Bezug auf Arthur Stadthagen hingegen konnte jeder Interessierte herauslesen, dass beides nicht möglich sei, also gleichzeitig Sozialist und Rechtsanwalt zu sein. Mittlerweile nämlich trat Stadthagen öffentlich als Redner für die Sozialdemokratie und als Kandidat für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung Berlins am 11. November 1889 auf; die Nominierung zum Kandidaten für den Reichstagswahlkreis Niederbarnim bahnte sich im Spätsommer/Herbst 1889 deutlich an. (22) Außerdem wirkte Stadthagen weiterhin als Verteidiger von Anhängern der Sozialdemokratie, die wegen Verstößen gegen die Bestimmungen des „Sozialistengesetzes“ vor den Kadi gebracht wurden. Das „Berliner Volksblatt“ berichtete am 22. September 1889 über die Verhandlung vor der 2. Strafkammer des Landgerichts I gegen die Arbeiter Baumgarten, Kurtze, Oelze, Eimer und Magnan. Ihnen legte die Staatsanwaltschaft zur Last, am 5. Januar 1889 sozialdemokratisches Agitationsmaterial entgegengenommen und zum Hause Magnans in der Frankfurter Allee 128 geschafft zu haben. Von dort aus haben die anderen genannten Beteiligten aus dem Material, das in „zwei etwa 2-3 Zentner schwere Kisten“ verpackt gewesen sei, für die Abholung und Verteilung der Agitationsmaterialien gesorgt. Darunter hätten sich unter anderem Bebels „Die Frau und der Sozialismus“ und das „Recht auf Faulheit“ von Paul Lafargue, Marxens Schwiegersohn, befunden.

Aufschlussreich für die nun vorwiegend politische Umgangsweise der Gerichte mit Rechtsanwalt Stadthagen, der nun auch offiziell als sozialistischer Politiker agierte, sind folgende Textstellen aus dem Artikel des „Berliner Volksblattes“:

„Zu den Personalien der Angeklagten bemerkte der Polizeiwachtmeister Weinert, daß Oelze Vertreter des vierten Wahlkreises und Mitglied des sozialdemokratischen Zentralkomitees gewesen, Baumgarten aber habe sich durch Sammeln von Geldbeiträgen sehr bemerkbar gemacht und sei Mitglied des sozialdemokratischen Wahlvereins. Als der Vertheidiger,  Rechtsanwalt Arthur Stadthagen, in dieser Beziehung Fragen an den Zeugen richtete, leitete dieser eine Antwort mit den Worten ein: „Wie Sie doch wissen müssen, Herr Rechtsanwalt…“ Verth. : „Ich beantrage, daß der Gerichtshof dem Zeugen untersagt, mich durch irgendeine derartige Wendung zu beleidigen. Präs. : Der Gerichtshof hat sich damit nicht zu befassen, sondern der Vorsitzende. – Verth. : Dann appelliere ich an den Vorsitzenden. Ich bin nicht dazu hier, um mich von jedem beliebigen Polizeibeamten beleidigen zu lassen! – Vors. : Von irgendeiner Beleidigung hat der Gerichtshof Nichts gehört. Es ist nicht recht einzusehen, warum gerade dieser Vertheidiger fast jedes Mal, wenn er eine Sache vertritt, so erregte Szenen veranlasst. Damit ist die Sache wohl abgetan.  -  Staatsanwalt Kroditsch: Ich bin nicht dieser Meinung. Der Rechtsanwalt Stadthagen hat hier ohne allen Grund in öffentlicher Sitzung einen Beamten, dessen Beruf schwer genug ist,  beschuldigt, ihn beleidigt zu haben. Das ist eine Ungebühr, wofür ich eine Ordnungsstrafe von 50 M beantrage. – Verth. :Und ich beantrage, den Staatsanwalt wegen Ungebühr in eine Ordnungsstrafe von 100 M zu nehmen, denn es ist eine Ungebühr, daß er ohne allen Grund solchen Antrag gegen mich stellt.“ (23)

Der Vorsitzende Richter, Herr Brausewetter, entzog darauf hin Stadthagen das direkte Fragerecht und verhängte die vom Staatsanwalt geforderte Ordnungsstrafe. Alle Anträge Stadthagens zur Worterteilung und zu Protokollierungen wurden abgelehnt. Die angeklagten sozialdemokratischen Arbeiter erhielten  je dreimonatige Haftstrafen unter Anrechnung der Untersuchungshaft verurteilt. Der Staatsanwalt hatte höhere Strafen, Arthur Stadthagen Freisprüche gefordert.

In einer schriftlichen Erklärung vom 24. September 1889 wies Stadthagen im „Berliner Volksblatt“ die Auslassungen Brausewetters über sein angeblich dauerndes Aufbrausen entschieden zurück. (24)

Seine Kontrahenten in der Berliner Staatsanwaltschaft schienen sich jetzt auf einer Dauerverfolgung des widerspenstigen jungen Anwalts, der  nicht nur die Unterprivilegierten verteidigte, sondern sich als Sozialist politisch für ihre Klasseninteressen engagierte, geeinigt zu haben. Zunehmend wurden nun konsequent  die Überwachungsprotokolle hinzugezogen, um Stadthagen anzugreifen. Auch seine Rolle als Angeklagter hoben die selbsternannten Ankläger immer deutlicher hervor, was den überwiegend politischen Charakter der justiziellen Verfolgung Stadthagens belegt.

Und so kam es am 29. November 1889 zu einem erneuten Verfahren vor dem Ehrengerichtshof zu Leipzig, in welchem die Strafzumessung nun auf einen Verweis nebst einer Geldstrafe von 1000 Mark  lautete, also nun Stufe vier der Ehrenstrafen erklommen hatte. Stadthagen selbst zitierte aus der Urteilsbegründung: „Der Ehrengerichtshof hat noch nicht die Hoffnung aufgeben mögen, daß der Angeschuldigte doch zu besserem Verständnis seiner Berufspflichten noch gelangen werde, und hat deshalb auf die beantragte Ausschließung von der Anwaltschaft nicht erkannt; dagegen scheint es angemessen, den Angeschuldigten auf die äußerste Eventualität, der er sich bei fernerer Verkennung seiner Berufsstellung aussetzt, recht eindringlich hinzuweisen; in diesem Sinne ist dem vom Ehrengericht ausgesprochenen Verweise noch eine Geldstrafe verschärfend hinzugefügt.“ (25)

Dieser Urteilsspruch fiel zehn Tage nach der für die Berliner Sozialdemokratie so erfolgreichen Stadtverordnetenwahl vom 19. November 1889, bei der auch Arthur Stadthagen im 14. Wahlbezirk mit einem deutlichen Vorsprung von 850 Stimmen gegen 305 seiner gesamten Kontrahenten in die Stadtverordnetenversammlung gleich im ersten Wahlgang gewählt worden war. (26)  Daher kann der Kontext dieses Urteilsspruches des Ehrengerichts nur als politisch motiviert bewertet werden. Eigentlich fehlte nur noch der Tropfen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Dies wusste gewiss auch Arthur Stadthagen, und dies mag nach Lage der Dinge ein Motiv gewesen sein, um zusätzlich als Sozialist für den Reichstag zu kandidieren. Da er seinen guten Ruf als „Anwalt der Armen“ in die Waagschale werfen konnte,  vermochte ihm ein Erfolg bei der anstehenden Reichstagswahl angesichts des zu erwartenden Berufsverbotes die materielle Existenz zu sichern und die politische Betätigungsfreiheit zu gewährleisten. Wie schrieb doch Eduard Bernstein in seiner „Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung“: „…für Nieder-Barnim Rechtsanwalt Arthur Stadthagen aufgestellt, der als Verteidiger vor Gericht wie in Versammlungen ein ungewöhnliches dialektisches Geschick bewiesen hatte.“ (27)

III. Demokratisches Recht contra Klassenjustiz: Politische Hintergründe seines  Ausschlusses  aus der Rechtsanwaltschaft am 17. November 1892

Die konservative Klassenjustiz nahm nun, seit Stadthagen sich 1889 auch endgültig politisch zur Sozialdemokratie bekannte und sich um öffentliche politische Ämter bewarb, viele ihr von polizeilichen Überwaschungsbehörden zugeleiteten  Aufzeichnungen zum Anlass des Einschreitens. Sein Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft, also die Verhängung eines Berufsverbots, lag in greifbarer Nähe, nachdem am 29. November 1889 der Ehrengerichtshof zu Leipzig einen Verweis nebst einer Geldstrafe von 1000 Mark gegen Stadthagen verhängt hatte. Als letzte Maßregelung blieb in der Tat nur noch sein Ausschluss offen. Und die nächstfolgende Anstrengung seiner Gegner ließ nicht allzu lange auf sich warten.

Und ab jetzt spielte die Gegenseite mit offenen Karten. „Die nächste ehrengerichtliche Anklage nebst den im „Vorwärts“ vom 19. November 1892 wörtlich veröffentlichten Anklagebeschlüssen des Ehrengerichts vom 8. April  und des Kammergerichts vom 21. April 1890 wurden mir Mitte Mai 1890 zugestellt. Zur Last war mir vom Kammergericht unter Vorsitz des früheren Reichsgerichts-Senatspräsidenten Drenkmann und Beisitz des jetzigen Reichsgerichtsraths Olshausen gelegt,  durch verschiedene Handlungen „begründeten Anlaß zu der Annahme gegeben zu haben, daß ich mich den Bestrebungen der Sozialdemokratie anschließe, ein solches Verhalten aber mit der Würde des Anwaltsstandes unvereinbar erscheine.“ (28)

Dieser Vorwurf, der den Bemerkungen weitgehend entsprach, wie sie die „Neue Preußische Zeitung“ bereits am 11. Mai 1889 (Siehe Anm. 21) geäußert hatte, zielte selbstverständlich a priori auf ein Berufsverbot gegen Stadthagen ab. Am 17. Juli 1889 hielt Arthur Stadthagen vor dem sozialdemokratischen Wahlverein für den ersten Berliner Reichstagswahlkreis einen Vortrag mit dem Thema „Volksrecht und Juristenunrecht“. In jenem Vortrag entwickelte Stadthagen seine Position von der richterlichen Unabhängigkeit, die durch die bestehende Klassengesellschaft unmöglich gemacht werde. Und genau diese Haltung, die auf eine Öffnung der Rechtsprechung für Laien und auch für Vertreter der beherrschten Klassen im Sinne einer demokratisierten Justiz abzielte, traf die kaiserlichen Justizprivilegierten ins Mark.  So führte Stadthagen für seine Vorstellung von einer unparteiischen Rechtsprechung ins Feld, dass nicht gelehrte Juristen, sondern Laienrichter die richterliche Unabhängigkeit zu sichern vermöchten. Den Berufsjuristen hielt er vor: „Es sei dem Gesetz entsprechend, daß die der Regierung direkt unterstellten Verwaltungsbeamten den Weisungen der Regierung gehorchen. Aber auch die Richter müßten streben, sich der Regierung genehm zu machen. Denn da kein Altersaufrückungssystem bestehe, so werden naturgemäß die der Regierung Genehmen zu höheren Richterstellen befördert. Laienrichter seien völlig unabhängig, die gelehrten Richter nicht. „Der Richter werde“, heißt es wörtlich nach dem Protokoll des (die Versammlung am 17.7.1889, H.Cz.) überwachenden Polizeilieutenants, „stets danach trachten, sich der jeweiligen Regierung genehm zu machen. Wir sehen daher auch, daß in den höchsten Richterstellen nur solche Männer sich befinden, welche gegen die Regierung nicht opponiren.“ (29)

Hierin zeigt sich deutlich die Kritik am klassen- und herrschaftsgebundenen Charakter der zeitgenössischen rechtswissenschaftlichen Ausbildung und Rechtsprechung. Um es frei nach Marx zu formulieren, seien die Gedanken der Herrschenden immer auch die herrschenden Gedanken, und vor allem die staatstragenden Berufsgruppen  seien in diese ideologische Apparate integriert. Auch laufbahnrechtliche Überlegungen kamen in diesen Aussagen zum Ausdruck, wenn richterliche Leistungen und Diensterfahrungen und nicht politisches Wohlverhalten als Beförderungskriterien Erwähnung finden. Die zeitgenössische Rechtsprechung, so könnte man Stadthagens Position komprimieren, diene nicht den Rechtsuchenden, sondern den Herrschenden. Insofern brachte er im Juli 1889 eine prononciert sozialistische Sichtweise zur Sprache, die sicherlich auch durch seine langjährigen Erfahrungen als Verteidiger, die seinen Ruf als „Anwalt der Armen“ begründeten, als erfahrungsgesättigt zu betrachten ist.

Immerhin besaß Arthur Stadthagen nun auch das Reichstagsmandat für den Wahlkreis Niederbarnim, das er in der Stichwahl vom 1. März 1890 gegen den bisherigen freikonservativen Textilfabrikanten Arnold Lohren mit einem Vorsprung von rund vierhundert Stimmen errungen hatte. (30)

Noch am 27. April 1892 musste das Ehrengericht Arthur Stadthagen abermals freisprechen, weil er „lediglich einen theoretischen Vortrag über den Vorzug der Laienrichter von den gelehrten Richtern und die größere Unabhängigkeit der ersteren gehalten habe.“ Doch der Oberstaatsanwalt legte umgehende Berufung ein, weil er in Stadthagens Darstellungen einen Angriff auf die Unparteilichkeit der Richter und eine Beleidigung der gelehrten Richter erblickte. Hier prallten also gewissermaßen die Klassenpositionen unversöhnlich aufeinander. (31)

Interessant sind Stadthagens Gedankenführungen zum Thema, die auf eine Rechtsreform hinauslaufen, die noch im Rahmen der bestehenden Ordnung zu einer allgemeinen Verbesserung der Rechtsprechung im Interesse der Rechtsuchenden führen sollen. Hierin zeigt sich die reformbereite Seite des Wirkens Stadthagens, der dennoch keinesfalls ein reformistischer Sozialist war, sondern dem es um konkrete Hilfen auch in der zu überwindenden Gesellschaftsordnung im Interesse der beherrschten Klassen angelegen war.

Eingetreten bin ich für die Unparteilichkeit der Richter. Nur erblicke ich den Weg, um zu einer unparteilichen Rechtsprechung zu gelangen, nicht in dem bestehenden Rechtssystem, in dem gelehrte Richter vorzugsweise den  Richterberuf ausüben, bin vielmehr der Ansicht, das vorzugsweise Laiengerichte aus allen Gesellschaftsklassen zusammengesetzt, unparteilich, gerecht und mit der gehörigen Sachkenntnis zu urtheilen vermögen, und – worauf ich den Hauptwerth lege – das Gefühl unparteiischen Rechtsprechung bei den Recht Suchenden zu erwecken vermögen. Die Gesetzgebung befindet sich auf fortschreitender Zuneigung zu dieser Ansicht.“ (32)

Da es sich um die Berufungsverhandlung am 17. November 1892 handelte, auf die sich Stadthagens zitierte Aussagen beziehen, musste er dort natürlich den Eindruck vermeiden, dass er selbst rein politisch argumentiere. So gesehen könnte man seine recht pragmatischen Ausführungen durchaus auch als prozesstaktisches Handeln einordnen. Dennoch, wie auch in anderen Fragen, verbindet sich hier ein pragmatischer und reformorientierter Zug mit einer dezidiert marxistischen Grundhaltung, wenn er formuliert, dass eine unabhängige Rechtsprechung „nicht in dem bestehenden Rechtssystem“ zu erreichen sei. Offensichtlich ging es Stadthagen im Rahmen seines juristischen Denkens auch um die Möglichkeit,  gegen den Widerstand der Gegenklassen sinnvolle Klassenkompromisse für die Unterprivilegierten zu erkämpfen. Dazu gehörte für ihn zusätzlich eine Neujustierung der Gewichte zwischen Berufsjuristen und Laienrichtern. Wenn Arthur Stadthagen nach dem Vorbild der ersten Ansätze einer Schöffen-, Schwur- und Gewerbegerichtsbarkeit betonte, dass diese Wege zukunftsweisend für die künftige Rechtsprechung seien und seine Kritik an der Berufsjustiz auch seine eigene Tätigkeit als Anwalt einschlösse, so schien der Schlusspunkt seiner Gedankenführungen in einer Art Volksgerichtsbarkeit zu liegen, welche die existierende Klassenjustiz letztendlich erübrigen würde. In jedem Falle forderte er eine Demokratisierung der Justiz des Kaiserreiches konsequent ein.

Geradezu personalisiert sah er die Parteilichkeit und Klassengebundenheit der Juristenzunft  in der  Gestalt des Landgerichtsdirektors Brausewetter, des bereits erwähnten „Sozialistenfressers“. Diesem warf Stadthagen vor, es „fehle ihm die Selbständigkeit nach oben, insbesondere habe er schriftliche Mitteilungen der Staatsanwaltschaft, daß die Angeklagten (im sogenannten „Geheimbundprozess“) „voraussichtlich“, vorzüglich „jedenfalls“  zu Strafe und Kosten verurtheilt werden würden, unbeanstandet zu den Akten gelangen lassen; auch anderen Übergriffen der Staatsbehörden gegenüber habe er in verschiedentlich aufgeführten Fällen entgegenkommend sich bewiesen.“ (33) Dass er deutlich eine Tendenz zur Vorverurteilung seitens der Staatsanwaltschaft anprangerte, der die Richterschaft im Allgemeinen und Brausewetter im Besonderen nur allzu oft nachfolgte, liegt auf der Hand, konnte er doch längst nämliche Tendenz in seinem Falle annehmen.

Und so zitierte Stadthagen aus dem Urteilsspruch vom 17. November 1892 zum Anklagepunkt „Verstoß gegen die Berufspflichten“: „Der Ehrengerichtshof erkannte in Leipzig am 17. November 1892 auf Schuldig mit folgender, wörtlich wiedergegebenen Begründung: Wenn der Angeschuldigte die Berufsrichter und insbesondere die höheren Richter durchschnittlich des Streberthums und der Abhängigkeit gegenüber der Staatsregierung bezichtigte, wie dies seine Zugeständnisse ergeben, und wenn er diese Bezichtigungen in einem für eine größere Volksmenge bestimmten Vortrage vorbrachte, so verletzte er damit die besonderen Pflichten seines Berufes. Er mußte berücksichtigen, daß er den Stand herabwürdigte, mit welchem er als Organ der Rechtspflege zusammen zu wirken berufen war, und mußte sich sagen, daß er durch solche Herabwürdigung ein ferneres erfolgreiches Zusammenwirken vereitelte.“ (34)

Arthur Stadthagen als „Angeschuldigter“ äußerte in seiner Kommentierung denn auch über den Schuldspruch des Ehrengerichtshofes, dass dieser deutlich zu erkennen gegeben habe, „daß er mich wegen der Bethätigung meiner politischen Anschauung aus dem Anwaltsstande selbst dann ausgeschlossen haben würde, wenn er nichts weiter als gegen mich vorliegend erachtet hätte.“ (35)

Denn damit nicht genug, benötigte der Ehrengerichtshof weitere Anklagepunkte, um den Unliebsamen nach außen hin glaubwürdig mit einem Berufsverbot belegen zu können. Vor allem musste das Ehrengericht den Eindruck eines politischen Prozesses vermeiden, um angesichts der deutlich aufstrebenden Sozialdemokratie mit einer dieser immer enger verbundenen Arbeiterschaft einen politischen Skandal zu umgehen. Und so meldete die „Volkszeitung“ am 22. Dezember 1892: „Die Ausschließung des Reichstagsabgeordneten Stadthagen aus der Rechtsanwaltschaft durch den Ehrengerichtshof zu Leipzig ist nach dem Wortlaut des jetzt vorliegenden Urteils vom 17. November 1892 nicht erfolgt wegen des politischen Verhaltens, sondern wegen Mitwirkung beim Zustandekommen eines betrügerischen Reverses und zweitens wegen grober Gebührenüberhebung.“ (36) Stadthagen widerlegte diese Vorwürfe in seinem Vorwärts-Beitrag vom 30. Dezember 1892 akribisch, nachdrücklich und glaubwürdig.

Allerdings konnte auch diese Meldung nicht vertuschen, dass vordringlich Stadthagens politische Aktivitäten und seine Vorstellungen von einer demokratischen Justiz abgeurteilt wurden, denn das „Berliner Tageblatt“ vom 23. Dezember 1892 kam um das Eingeständnis nicht herum: „Dennoch genügt ein Blick auf die Urtheilsgründe, um zu erkennen, daß auch die politischen Momente, wenn auch nicht ausschlaggebend, so doch von gewichtiger Bedeutung gewesen sind. Die Urtheilsgründe lassen sich über die politischen Momente des Längeren und Breiteren aus…und (erörtern) endlich das Verhalten des Angeschuldigten in Folge seiner Zugehörigkeit zur sozialdemokratischen Partei, insbesondere den in St. in einer sozialdemokratischen Versammlung gehaltenen Vortrag desselben über Volksrecht und Juristenunrecht (…)…Mit Recht bemerkt dazu die Breslauer Zeitung, daß die oben mitgetheilten Ausführungen des Ehrengerichtes manches Kopfschütteln erregen werden. (37) Zum Abschluss ihrer Erörterung des Urteils gegen Arthur Stadthagen formulierte das „Berliner Tageblatt“ im gleichen Artikel die bemerkenswerte Position, dass die Sache anders liegen würde, „wenn Stadthagen seine Aeußerungen in einer Gerichtsverhandlung gethan hätte. Dann würde er auch nach unserer Ansicht gegen die Pflichten seines Berufes verstoßen haben. Aber er hat als politischer Redner und nicht als Anwalt den Richterstand kritisirt, und deshalb erscheint uns die Entscheidung des Ehrengerichtshofes, soweit sie sich mit Stadthagens politischem Verhalten befasst, bedenklich.“

Auch den liberaleren Kräften in der Gesellschaft machte das Berufsverbot gegen Arthur Stadthagen offenbar deutlich, dass hier die Meinungsfreiheit und die politischen Rechte im Allgemeinen und die Rechte bestimmter als staatsnah betrachteter Berufsgruppen im Besonderen zur Disposition gestellt wurden. An dem damals 35-jährigen engagierten Rechtsanwalt Arthur Stadthagen, der sich einen Ruf als „Anwalt der Armen“ erfolgreich erstritten hatte und als Vertreter der Berliner  Sozialdemokratie in der hauptstädtischen Stadtverordnetenversammlung und im Deutschen Reichstag die Interessen der „kleinen Leute“ vertrat, wollte die konservative Justiz der Monarchie ein Exempel statuieren, dessen Nachhaltigkeit ihr Ruhe verschaffen sollte gegen Forderungen nach ihrer demokratischen Transformation, wie sie Stadthagen selbst offensiv postulierte. Sie sollte sich gründlich irren.

Als letztes Rechtsmittel gegen das verhängte Berufsverbot erstattete Arthur Stadthagen eine Selbstanzeige gegen seine Person, um eine öffentliche Gerichtsverhandlung zu erwirken. Gegenstand dieser Selbstanzeige war der Schuldspruch des Ehrengerichtshofes wegen der angeblichen Gebührenüberhebung. Im Falle einer Verurteilung vor einem öffentlichen Gericht hätte ihm eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr gedroht. Wer dieses Strafmaß riskierte, dem ging es offenkundig um die Wiederherstellung seiner Ehre, die im zu Unrecht aberkannt worden war.

Der Justizminister im Kabinett Caprivi, Schönstedt,  lehnte es rundweg ab, den Prozess zu eröffnen. (38)

IV.  Reichstagsneuling und Rechtsexperte: Stadthagens Weg als sozialistischer Rechtspolitiker von 1890 bis zur Veröffentlichung seines Rechtsratgebers „Das Arbeiterrecht“

Am 1. März 1890 wählten die Niederbarnimer Wähler Arthur Stadthagen als Vertreter der Sozialdemokratie in den Deutschen Reichstag, dem er bis zu seinem Tode am 5. Dezember 1917 ohne Unterbrechung angehörte.

Das folgende Kapitel beabsichtigt die Darstellung seines Wirkens als einziger ausgebildeter Jurist der sozialdemokratischen Fraktion im Reichstag von 1890-1895. Ein kurzer Ausblick auf den Entstehungsprozess des „Bürgerlichen Gesetzbuches“, das 1896 beschlossen wurde und am 1. Januar 1900 in Kraft trat, wird diese Abhandlung beschließen. Dabei gehe ich von der Grundthese aus,  dass gerade sein Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft als die Ursache für die Abfassung und Publikation seines Hauptwerkes „Das Arbeiterrecht“ zu verstehen ist. Arthur Stadthagen war keine Persönlichkeit, die sich einen „Maulkorb“ verpassen ließ, wie sein stets offensives Auftreten vor Gericht und vor der Arbeiterschaft nachdrücklich nahe legt. Daher wird es seine unbedingte Absicht gewesen sein, jede mögliche Verbesserung der Rechtslage für die arbeitenden Klassen zu erkämpfen und zu dokumentieren, um auch diesseits des von ihm erstrebten sozialistischen Gesellschaftsszieles mehr Gerechtigkeit für die Unterprivilegierten in der kaiserlichen Klassengesellschaft zu erwirken. Und entsprechend klangen die Worte seiner Einleitung zur ersten Auflage des „Arbeiterrechts“ von 1895: „Die vorliegende Schrift will dem gewerblichen Arbeiter die Möglichkeit erleichtern, die wenigen Rechte, die ihm aus dem Arbeitsvertrage und aus der sogenannten sozialpolitischen Gesetzgebung erwachsen, kennen zu lernen und möglichst selbstständig wahrzunehmen, sowie da, wo er als Gewerbegerichtsbeisitzer fungirt, seiner Aufgabe nachzukommen.“ (39)

Doch zunächst galt es, sich im Reichstage bewegen zu lernen als Sozialdemokrat und als Neuling im Parlament, dem auch in der sozialdemokratischen Fraktion so Altgediente wie August Bebel, Wilhelm Liebknecht und Paul Singer angehörten, die durch ihre Erfahrungen als Sozialisten und Parlamentarier mit allen Wassern gewaschen waren.

Noch galten die Bestimmungen des „Sozialistengesetzes“, dessen unbefristete Verlängerung durch den Reichstag am 25. Januar 1890 scheiterte, nachdem die SAPD in den Tagen zuvor Massenkundgebungen veranstaltet hatte (40a) und die liberalen Fraktionen des Bürgertums sowie die nationalen Minderheitenvertreter gegen die Verlängerung des Ausnahmegesetzes votiert hatten. Dessen  Unterdrückungswirkung endete am 30. September 1890 (40b) und hatte das Ziel der Ausschaltung der sozialistischen Bewegung völlig verfehlt, wie die folgenden Reichstagswahlen eindrucksvoll dokumentierten. (41)

Reichstagswahl vom 21.2.1887            Reichstagswahl vom 20.2.1890

Wahlberechtigte             9.769.802                                             10.145.877

Gültige Stimmen            7.540.938  (77,2%)                                7.228.542  (71,2%)

SAPD-Stimmen                 763.128  (10,1%)                                1.427.298  (19,7%)

SAPD-Fraktion               11 Mitglieder                                          35 Mitglieder

Die Absicht des politisch durch das sein Abstimmungswaterloo beim „Sozialistengesetz“  geschwächten Reichskanzlers Otto von Bismarck, notfalls mithilfe eines Staatsstreiches seine Unterdrückungspolitik gegen die aufstrebende Arbeiterbewegung fortzusetzen, scheiterte kläglich: Am 18. März musste Bismarck nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem kaiserlichen Monarchen Wilhelm II. seinen „Hut nehmen“ und demissionieren. (42) Die Arbeiterbewegung hatte einen politisch überwältigenden Triumph auch gegen ihren als Person unnachgiebigsten Widersacher errungen.

Doch galten die Bestimmungen des Ausnahmegesetzes noch bis zum 30. September 1890 fort. Die offene politische Frage bestand in der Rigidität der Herrschaft während der letzten Monate seiner  Gültigkeit. Bismarcks Pläne einer Diktatur waren durchkreuzt, würde der neue Reichskanzler von Caprivi einen  „Neuen Kurs“ mit Elementen stärkerer Integration statt innenpolitischer Konfrontation einschlagen?

Doch zunächst benötigten die herrschenden Eliten Zeit, um die politische Niederlage von 1890 zu verarbeiten. In dieser Zeit trat der neu gewählte Deutsche Reichstag erstmals am 6. Mai 1890 zur Eröffnungssitzung seiner 8. Legislaturperiode zusammen.

Der Eröffnungssitzung wohnte Arthur Stadthagen aus gesundheitlichen Gründen nicht bei. Aus seiner Überwachungsakte ergibt sich der Hinweis, dass er am 24. April von einer Blutung befallen wurde, wodurch er vierzehn Tage ans Krankenbett gefesselt war. (43)

Seine erste Erwähnung in den Reichstagsprotokollen findet sich in der Niederschrift der 5. Sitzung vom Dienstag, d. 13. Mai 1890, als er bei der Konstituierung der „IV. Kommission – für die Rechnungen über den Reichshaushalt“ zusammen mit seinem Fraktionsgenossen Max Schippel (1859-1928) in diese Kommission gewählt und zu einem ihrer zwei Schriftführer erkoren wurde.(44) In der 11. Sitzung des Parlaments am 21. Mai 1890 erklärte  die Wahlprüfung Stadthagens Wahl für gültig. (45)

In der 13. Sitzung nimmt Stadthagen seinen Platz in der „IX. Kommission – zur Vorberathung des von dem Abgeordneten Rintelen eingebrachten Antrags, das gerichtliche Zustellungswesen betreffend“  ein und fungiert auch in dieser zeitweiligen Kommission nachfolgend als gewählter Schriftführer. (46)

In der am Tage darauf folgenden 14. Sitzung des Reichstages stellte Paul Singer im Namen der Fraktion der Sozialdemokratie den Antrag, die gegen Arthur Stadthagen anhängigen Verfahren wegen Beleidigung und Hausfriedensbruchs für die Dauer der laufenden Session des Reichstages einzustellen. Dabei handelte es sich bei ersterer um eine Beleidigungsklage des Bürgermeisters Wagner aus Liebenwalde. Dem Antrag wurde den Gepflogenheiten gemäß entsprochen. Erneut aber zeigte sich, dass Arthur Stadthagen mit Vorliebe der Beleidigung bezichtigt wurde, um ihn zu schädigen oder ihn für seine Respektlosigkeiten wirklichen oder selbsternannten Autoritäten gegenüber abzustrafen. (47)

Am 21. Juni 1890 schließlich, in der 23. Sitzung, hielt Arthur Stadthagen seine erste Rede im Plenum des Reichstages anlässlich der Fortsetzung der zweiten Beratung des „Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Gewerbegerichte“. Seine Premierenrede trug er zum § 48 des Gesetzesentwurfes vor,  der die „Zuziehung oder Nichtzuziehung der Beisitzer zum ersten Termin“ regeln sollte. In seinen Ausführungen brachte er genau jene Aspekte richterlichen Wirkens zum Ausdruck, die er in vielen Reden während der sozialistischen Wahlkampagnen und vor Gericht immer wieder hervor hob, nämlich die Bedeutung der Laienrichter für eine unabhängigere und gerechtere, an den Interessen der Rechtsuchenden orientierten Rechtsprechung. Im Namen der Fraktion der Sozialdemokratie beantragte Stadthagen die Streichung des § 48: „Ich will mich hier nicht auf eine längere Kritik des ganzen Gesetzentwurfs einlassen; nur das glaube ich hervorheben zu müssen, daß wenigstens nach der ausgesprochenen Ansicht vieler Redner hier ein Gericht geschaffen werden soll, auf das einmal der Arbeiter vertrauensvoll sehen kann, und das andererseits aus wirklich sachverständigen Leuten besteht…Nach § 48 der Vorlage kann im ersten Termin auch ohne die sachverständigen Beisitzer verhandelt werden, so daß allein der Vorsitzende zu entscheiden hat, der ja meistentheils ein Jurist sein wird…“ (48) Er bemängelte, dass eine solche Verfahrenskonstruktion jeden Sach- und Menschenverstand, auf den der rechtsuchende Arbeiter im Konflikt mit dem Arbeitgeber angewiesen ist, mehr oder weniger beiseite schiebe. Auch hier drückte sich implizit seine Deutung der Berufsjustiz als einer Klassenjustiz aus, die die bestehenden Zustände lediglich fortschreibe.

Außerdem wurde  das alleinige Recht des Vorsitzenden, Vergleiche zwischen den Arbeitern und Arbeitgebern herzustellen, von ihm einer deutlichen Kritik unterzogen: „Meine Herren, die Vergleichsmühle, die da aufgestellt wird, kann doch  unmöglich dadurch Vertrauen schaffen, daß sie die einzig sachverständigen Leute weglassen. Wenn Sie in der That Vertrauen bei den Arbeitern erwecken wollen, wenn Sie in der That die Annahme erwecken wollen, als ob sie ein sachverständiges und schleuniges Verfahren haben wollen, dann glaube ich doch, muß zum mindesten die Bestimmung des § 48 aufgehoben werden, durch welche Sie dem Arbeiter die sachverständigen, mit „gesundem, gewerblich gebildeten Menschenverstand“ versehenen Richter entziehen.“  Stadthagen beschloss seine Rede mit der Aufforderung an die Parlamentarier: „Ich bitte Sie, den Paragraph zu streichen und zu zeigen, daß Sie nicht das Recht des Arbeiters schmälern wollen, – der Mann hat ein Recht darauf, sich nicht vergleichen zu müssen, wenn er sich nicht vergleichen will; er hat das Recht, wenigstens zu versuchen, ob er etwas bekommt. Wenn Sie von vornherein sagen: ja, unser Gesetz ist so schlecht, daß du auf dem Prozeßwege kaum etwas bekommen kannst, vergleiche dich auf jeden Fall, deshalb ist ein besonderer Vergleichsparagraph geschaffen, – dann richten Sie doch lieber gar keine Gewerbegerichte ein!“  (49)

Offenkundig durchschaute Stadthagen als Redner der Gesamtfraktion die Absicht der Regierung, hier nur ein symbolisches Mehr an Gerechtigkeit statt eines substanziellen ins Werk zu setzen.

Ihm widersprach unter anderem der Abgeordnete der Freisinnigen, Eduard Gustav Eberty, der Stadthagen entgegenhielt, dass gerade die Beisitzer  häufig  den Konfliktparteien näher stünden als der Vorsitzende, und lehnte Stadthagens Antrag ab. Auch der Deutsch-Konservative Dr. Carl Schier forderte die Zurückweisung des sozialdemokratischen Streichungsantrags. Stadthagen nahm abschließend nochmals das Wort und bekräftigte die Ablehnung des im § 48 kodifizierten Vorrechts des Vorsitzenden durch die sozialdemokratische Fraktion. Die anschließende Abstimmung ergab eine Mehrheit für den Regierungsentwurf.  Aber Arthur Stadthagen hatte sich mit zwei selbstbewusst vorgebrachten Beiträgen ins Parlamentsgeschehen eingeführt.

Die Fortsetzung dieser Gesetzesdebatte fand am 23. Juni 1890 statt. Arthur Stadthagen sprach in den Verhandlungen über die Paragraphen 49 (Rechtsmittel), 50 (vorläufige Vollstreckbarkeit) und  52 (Auferlegung der Kosten). Der Regierungsentwurf sah als  Rechtsmittel die Berufung beim Landgericht vor. Die sozialdemokratische Fraktion hingegen hatte längst eine eigenständige Berufungsinstanz gefordert, nämlich die Schaffung von Arbeiterkammern. Stadthagen bezweifelte den Sinn der Landgerichte als einer adäquaten Berufungsinstanz. Weder würden diese die Rechtsfindung beschleunigen noch würden sie dem Arbeiter als eine Vertrauensinstanz erscheinen: „Die Einsetzung des Landgerichts als Berufungsgericht kommt für den Arbeiter direkt einer Rechtsverweigerung gleich…Mit anderen Worten: Sie verschleppen die Rechtsprechung für den Arbeiter auf mindestens ½ Jahr.“ Da die Schaffung von Arbeiterkammern nicht durchsetzbar war, forderte Stadthagen im Namen der Sozialdemokratie, die Gewerbegerichte selbst zur Berufungsinstanz zu legitimieren oder ansonsten den § 49 zu streichen. (50)  Für die Abstimmung über den § 49 selbst formulierte Stadthagen einen Änderungsantrag, in welchem die Gewerbegerichte selbst, in personell anderer Besetzung, Berufungsinstanz werden sollten, und in dem „Nothfristen“ bestimmt wurden, die der Beschleunigung des Verfahrens dienen sollten. (51) Sein Änderungsantrag zu § 49 wurde mehrheitlich abgelehnt, die Landgerichte, mit denen ja gerade Stadthagen seine klassenpolitischen Erfahrungen hatte sammeln dürfen, konnten nun im Berufungsfalle eingeschaltet werden.  Alle weiteren Änderungen zu den Gesetzesparagraphen 50 und 52, die von Stadthagen vorgebracht wurden und auf Abwehr oder zumindest Milderungen von Härten für die Arbeiter abzielten, wurden stets mehrheitlich verworfen. Stadthagen aber dürfte sich als Redner und Jurist im Interesse der Unterprivilegierten einen ersten Namen nun auch im Parlament gemacht haben.

Auch in der Fortsetzung der Verhandlungen zum Gesetzesentwurf über die Gewerbegerichte beteiligte sich Stadthagen engagiert als Hauptredner der sozialdemokratischen  Fraktion an der Debatte. So kritisierte er heftig am Gegenstand der Amtsenthebung von Gewerbegerichtsmitgliedern die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit der Amtsenthebung eines Richters durch die  Staatsanwaltschaft wegen Verletzung seiner Amtspflichten, ein Tatbestand, der ihm ja hinlänglich vertraut war. Auf die Rolle der sachverständigen Beisitzer am Gewerbegericht bezogen formulierte er: „Meine Herren, diese Verschiedenheit der Behandlung von Arbeitern und Arbeitgebern seitens der Staatsanwaltschaft hat allerdings etwas theoretisch schmeichelhaftes für den Arbeiter, nämlich das, daß die Staatsanwaltschaft die Ansicht von den Arbeitern hat, sie haben stets das Bewusstsein dessen, was sie thun, und daher, auch wenn sie etwa unrechtes thun, während umgekehrt der Arbeitgeber, wenn er ähnliches thut, außer Verfolgung zu setzen sei, weil ihm der Staatsanwalt dann attestirt, er habe das Bewußtsein von dem, was er thue, nicht gehabt. Diese Ansicht des Staatsanwaltes, die in Konsequenz zu der Annahme führt, daß der Arbeiter ein besseres Verständnis habe als der Arbeitgeber, tritt nur lediglich dann in die Erscheinung, wenn aus diesem besseren Verständnis des Arbeiters eine Unannehmlichkeit für ihn und aus dem Defekt an Verständnis eine Annehmlichkeit für den Arbeitgeber abgeleitet werden soll.“ Stadthagen forderte namens der Sozialdemokraten die Streichung dieses Absatzes zur Amtsenthebung aus dem Entwurf und  forderte die Reichstagsmitglieder anderenfalls auf, durch die Annahme des zweiten Entwurfsabsatzes zu § 16 zu zeigen, „daß Sie eine Fülle des Misstrauens, eine Fülle der Furcht haben vor dem Gerechtigkeitssinn, vor dem Wahrheitssinn und vor dem ehrlichen Sinn der Arbeiter, die ein Arbeiter – und wer sonst die thatsächlichen Verhältnisse kennt – nicht verstehen kann!“ (52) Natürlich lehnte der Reichstag auch diesen im Interesse der Arbeiter gestellten Antrag der Sozialdemokraten mit Mehrheit ab.

Am 29. Juni 1890 erfolgte die Gesamtabstimmung über das „Gewerbegesetz“ im Deutschen Reichstag. Mit der Mehrheit der bürgerlichen Fraktionen wurde es angenommen. (53) Am 2. Juli 1890 fand die letzte Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause statt.

Während der Sommermonate stellte sich die Regierung Caprivi auf die neuen Verhältnisse mit einer erstarkten und selbstbewussten Sozialdemokratie in der Weise ein, dass sie auf Elemente repressiven Umgangs zurückgriff. Im sogenannten „Herrfurth-Zirkular“ aus dem Innenministerium, einem ministeriellen Erlass an die Regierungspräsidenten, fanden sich die Vorgaben zum Umgang mit der Arbeiterbewegung während der Phase des Auslaufens des „Sozialistengesetzes“ bis zum  30. September 1890 für die Zeit  danach niedergelegt. So hieß es: „Die Versammlungen der Sozialdemokratie, deren Abhaltung künftig nicht mehr wie bisher, auf Grund des § 9 Abs. 2 a.a.O. (des „Sozialistengesetzes, H.Cz.) verboten werden kann, werden unausgesetzt zu überwachen, die in denselben begangenen Straftaten jedes Mal zur strafrechtlichen Verfolgung zu bringen und diese Versammlungen aufzulösen sein, sobald ein hierfür den bestehenden Vorschriften ausreichender Anlaß gegeben ist“ (54)

Der Kampf gegen die aufstrebende politische und gewerkschaftliche Arbeiterbewegung sollte nun ohne „Sozialistengesetz“ mit im Prinzip dem gleichen Arsenal repressiver Maßnahmen fortgeführt werden. Was exakt darunter zu verstehen war brachte die „Volks-Zeitung“ am 11. August 1890 zum Ausdruck: Im „Herrfurth-Zirkular“ werde „die besondere Aufmerksamkeit dieser Beamten darauf gelenkt, „den sozialdemokratischen Ausschreitungen mit Entschiedenheit entgegen zu treten und zu diesem Zwecke von den zu Gebote stehenden Mitteln unter sorgfältiger Einhaltung der gesetzlichen Schranken, innerhalb derselben aber bis an die Grenze des Zulässigen Gebrauch zu machen“ Der Kommentar der „Volks-Zeitung“ kommt zu dem bemerkenswerten Resumée: „…uns klingen die Worte noch in den Ohren, mit denen die Freunde des Sozialistengesetzes 1878 ausführten, eine vierjährige Erfahrung habe gezeigt, …die repressive Methode schaffe nur Märtyrer und erwecke der Sozialdemokratie immer neue Sympathie im Volke, deshalb sei die „präventive Methode“ des Ausnahmegesetzes notwendig. Nachdem man zwölf Jahre gebraucht hat, um zu erkennen, daß es damit auch nichts ist, vielmehr diese Methode auch nur das bewirkt, was sie verhindern will, kehrt man zur „repressiven Methode“ zurück, über deren Widersinn man sich 1878 so klar war. Nun, das ist der Polizeistaat, wie er leibt und lebt.“ (55)

Und so erklären sich die unausgesetzten Schikanen, denen sich auch der Rechtsanwalt und sozialistische Reichstagsabgeordnete und Berliner Stadtverordnete Arthur Stadthagen weiterhin ausgesetzt sah. Die Aktenlage erweckt sogar den Eindruck einer intensivierten Überwachung. Als Beispiel möchte ich an dieser Stelle einmal einige Notizen  zu seinem chronischen Lungen- und Kehlkopfleiden  und zu seinen Wohnsitzen  dokumentieren.

Es führte der Überwachungsbericht vom 14. November 1890 aus: „Stadthagen ist…zur Wiederherstellung seiner Gesundheit fast immer außerhalb Berlins gewesen. Am 12.9. kam er von Reichenhall nach Berlin und fuhr am 14.9. nach der Insel Helgoland, von wo er in der Nacht vom 29. zum 30. d. M. wieder nach Berlin zurückkehrte.“ (56a) Er muss sich des Längeren in Bad Reichenhall aufgehalten haben, denn die Überwachungsakten registrierten einen Leserbrief Stadthagens an das „Berliner Volksblatt“, datiert vom  21. August 1890. (56b)

Im Überwachungsbericht vom 4. Februar 1893 hieß es: „Stadthagen Arthur,  25.5.57, Berlin geb. Mitglied des Reichstages ist am 1.2.1893 von Landsberger Straße 62 nach Enkeplatz 2 umgezogen“. (57a)  Der Bericht vom 6. Februar 1893 ergänzte: „…hat sich dort im zuständigen Polizeirevier als Schriftsteller angemeldet.“ (57b)

Neben der Erwähnung der Tatsache, dass Stadthagens Geburtsdatum fehlerhaft angegeben wurde, ergibt sich hier einmal die Gelegenheit, aus dem wenigen Privaten, das die Quellen über ihn ergeben, exemplarische Informationen einzufügen.

Die Landsberger Straße existierte seit dem 16. Jahrhundert als Heerweg. Der Abschnitt, in dem sich die Hausnummer 62 befand, lag in der Nähe des Alexanderplatzes und ist heute nicht mehr existent, da er nach 1966 überbaut wurde. (58a) Unter dieser Adresse wohnte Arthur Stadthagen seit 1886/87 (58b). Der Enke-Platz (auch Encke-Platz) wurde 1835 von Schinkel erbaut und lag in Kreuzberg an der alten, später nach Potsdam verlegten Sternwarte. Der Platz selbst wurde um 1900 in die Enckestraße eingegliedert. (58c)

Auch wurde Stadthagen  weiterhin strafrechtlich verfolgt und belangt. Wegen der an anderer Stelle einstweilig aufgehobenen Anklagen wegen Beleidigung und Hausfriedensbruchs wurde Arthur Stadthagen zunächst zu 300 Mark Geldstrafe verurteilt, wogegen er Revision einlegte. Dort wurde er vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen, ein Beleidigungstatbestand wurde dennoch gesehen, was zu einer Geldstrafe von 100 Mark führte. Sein erneuter Revisionsantrag wurde verworfen. (59)

Das „Herrfurth-Zirkular“ ermöglichte laut höchstrichterlicher Entscheidung auch nach Auslaufen des „Sozialistengesetzes“ die strafrechtliche Verfolgung von Verstößen. So wurden vier Berliner Sozialisten noch im Juni 1891 angeklagt, am 1. März 1890, dem Termin der Reichstags-Stichwahlen, Flugblätter für die Sozialdemokratie verteilt zu haben.  Sie mussten am 13. Juni 1891 freigesprochen werden; die Verfahrenskosten wurden der Staatskasse auferlegt. Der Anwalt der vier Angeklagten war Arthur Stadthagen selbst. Der berichtende „Vorwärts“ mutmaßte denn auch nach diesem als Grundsatzurteil verfassten Spruch: „Das wird wohl nun der letzte Berliner „Wahlflugblatt-Vertheilungsprozeß“ gewesen sein. (60) Der Milde der konservativen Justiz dem erfolgreichen, von ihr geschassten Rechtsanwalt Stadthagen gegenüber dürfte nach dieser Niederlage kaum gewachsen ein. Deutlich daran wird jedoch nachträglich, wie umkämpft die politische Lage nach dem Scheitern des „Sozialistengesetzes“ geworden war.

Am 2. Dezember 1890 nahm der Reichstag seine Arbeit wieder auf. Gleich in der ersten Sitzung befasste er sich in erster Lesung mit der Eingliederung Helgolands in das Deutsche Reich. Im „Helgoland-Sansibar-Vertrag“ von 1890 hatten sich Deutschland und das Vereinigte Königreich darauf geeinigt, dass Deutschland auf Sansibar verzichtete und Helgoland von England dafür erhielte. Der Gesetzentwurf sah die Eingliederung der Hochseeinsel nach Schleswig-Holstein vor, also in den Herrschaftsbereich Preußens. Stadthagen trat ans Rednerpult und plädierte für eine Angliederung Helgolands an das liberalere Hamburg, wobei er Aspekte der Geschichte darlegte und zu dem Schluss gelangte, dass sowohl die historischen Beziehungen zu Hamburg als auch die Meinungen der Helgoländer gegen einen Anschluss an Schleswig-Holstein sprächen. Zu diesem Zwecke beantragte er die Überweisung des Gesetzesentwurfs an eine Kommission. Wieder einmal erfuhr ein Antrag aus den Reihen der SPD-Fraktion eine Ablehnung. (61)

In der zweiten Lesung in der 35. Sitzung am 4. Dezember 1890 versuchte Stadthagen abermals, die Angliederung Helgolands an Schleswig-Holstein zu verhindern. Diesmal argumentierte er mit den geographischen und gewerblichen Interessen, denn Preußen als Binnenstaat könne viele, die Interessen einer Hochseeinsel berührende Aspekte wie z.B. das Lotsengewerbe oder den Fährverkehr kaum ausreichend sicherstellen. In einer Replik forderte Stadthagen nochmals die Einbeziehung des Willens der Helgoländer selbst und sprach sich für Hamburg als Hoheitsgebiet aus. Doch wieder einmal obsiegte der Mehrheitswille der bürgerlich-konservativen Kräfte in der zweiten Lesung über die Argumente der Sozialdemokraten. (62)  In dritter Lesung schließlich bekräftigte Stadthagen die Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion, die das Selbstbestimmungsrecht der Helgoländer als unberücksichtigt kritisierte. Der Vertreter der Regierung, Innenminister von Boetticher,  lehnte diese Position entschieden ab mit dem Hinweis, bislang seien die Helgoländer noch Ausländer, daher müsse das Reich für sie entscheiden, was bilateral mit dem Vereinigten Königreich bereits geschehen sei. Er fügte hinzu: „Im Gegentheil, die Leute wollen Deutsche sein, und sie werden sich, so Gott will, unter deutscher Herrschaft mindestens ebenso wohl fühlen, wie sie es bisher unter der englischen gethan haben.“

Stadthagen monierte, dass das Parlament beim Abschluss des „Helgoland-Sansibar-Abkommens“ schlichtweg von der Regierung übergangen worden sei. Er befürchtete, dass die nicht befragten Insulaner der kaiserlichen Machtpolitik zum Opfer fallen könnten, zumal dann, wenn sie sich pro-britisch äußerten oder verhielten. Stadthagen, der sich ja einige Wochen vorher zur Kur auf der Insel aufhielt, warf der Regierung vor , allein machtstrategisch zu handeln: „Dem wehrlosen Helgoländer sagt Deutschland, wenn Sie die Vorlage billigen: willst du nicht Deutscher werden, sondern bleiben, was du bist, oder willst du britisch sein, dann wirst du als Ausländer behandelt, und ich gebe dir keine Garantie, daß du von deinen heimatlichen Penaten nicht nur deshalb ausgewiesen wirst, weil ich gegen deinen Willen Helgoland in den Besitz genommen habe und weil ich der Mächtigere, der Stärkere bin: was geht mich dein dir angeborenes natürliches recht an! Meine Herren, das ist konservativ. (Bravo! Bei den Sozialdemokraten)“ (63) Tatsächlich ließ das Kaiserreich die Insel vor allem zu einem Hochseestützpunkt ausbauen.

Anscheinend hatte es die Insel dem Abgeordneten so angetan, dass er sich während dreier Lesungen derart energisch für das Selbstbestimmungsrecht der Helgoländer einsetzte und dabei nicht nur gesetzesimmanent argumentierte, sondern auch verfassungs- und völkerrechtlich. Immer wieder replizierte er auf seine Gegenredner und bewies damit jenen energischen Einsatzwillen, den er auch als Wahlkämpfer 1889/90 und auch zu späteren Zeiten immer wieder als Charaktereigenschaft offenbarte. Arthur Stadthagen muss eine Kämpfernatur gewesen sein, den weder eine  Abstimmungsniederlage, wie sie im Reichstag obligatorisch für die Sozialdemokratie war, noch eine Prozessniederlage von der Verfolgung seiner Ziele abzuhalten vermochte.

Nach zahlreichen weiteren Reden oder Beiträgen kürzerer oder längerer Art schließlich hielt Stadthagen am 16. März 1891 in der 90. Sitzung seine erste Haushaltsrede zum Etatentwurf für die Justizverwaltung. Sie sprühte vor Wortwitz und grundsätzlicher Kritik am deutschen Rechtswesen. Die Betrachtung legt auch hier offen, wie sehr  Stadthagen eine an den Interessen der Rechtsuchenden orientierte Demokratisierung der Rechtsprechung und um den Schutz vor Willkür am Herzen lag.   So nahm er die häufig hinter Gesetzesvorhaben und anderen gesetzgeberischen Maßnahmen stehenden Absichten zur Niederhaltung der Arbeiterbewegung mit beißendem Spott aufs Korn: „Ich kann im Anschluss an das, was neulich der Herr Reichskanzler sagte, daß bei gesetzgeberischen Maßnahmen immer die Rücksicht auf die Sozialdemokratie maßgebend sein solle, daß gewissermaßen also treibende Kraft für die neuen Gesetzesvorlagen die Sozialdemokratie sein solle, wohl der Hoffnung Raum geben, daß der Herr Reichskanzler und der Herr Sekretär der Justiz die Freundlichkeit haben möge, die Strafprozeßordnung,  insbesondere die Bestimmungen bezüglich der Untersuchungshaft, daraufhin zu untersuchen, ob es nicht möglich ist, der Forderung der Sozialdemokraten  nachzugeben, daß kein Unschuldiger verhaftet wird.“ (64)

Er konfrontierte die Abgeordneten mit Anspielungen auf das polizeiliche Spitzelwesen, ihm nur allzu vertraut, und mit dem Missbrauch des Anklagemonopols der Staatsanwaltschaften nach § 112 der Strafprozeßordnung, was zu oft unzumutbaren Untersuchungshaftzeiten für  Unschuldige führe, ohne dass diese Rechtsmittel besäßen, was er mit einem drastischen Beispiel eines Mannes aus Rüdersdorf belegte, der unschuldig in Haft genommen wurde, weil er, körperlich behindert und ärmlich gekleidet, in Berlin als Hausierer tätig, von der Polizei aufgegriffen und der Bettelei bezichtigt wurde. Nach vier Tagen Untersuchungshaft ohne Rechtsbeistand sei er „der Tobsucht verfallen, in der er über seine Verhaftung phantasirt.“ (65) Stadthagen ergänzte weitere Beispiele aus seinem Erfahrungsbereich als Belege für die Möglichkeiten polizeilicher Willkür und forderte die Reichsregierung zum Umdenken auf. „Wenn also die Regierung der Ansicht sein sollte, es liege im Interesse der Einwohner, daß sie davor geschützt seien, tagelang und länger in Untersuchungshaft sich zu befinden, so sollte sie die gesetzgeberischen Arbeiten, für die ja hier Mittel bewilligt werden, dazu verwenden, daß möglichst schnell eine Sicherung gegen die Verhaftung Unschuldiger im Gesetz geschaffen wird. Die Hauptsicherung sehe ich darin, daß der Beamte jedes Mal verantwortlich zu machen ist für das Unrecht, für die Nachtheile, die die unberechtigte Verhaftung nach sich gezogen hat.“ (66)

Des Weiteren benannte er Fälle politisch motivierter Willkür, wie sie beispielsweise Vertreter der Freisinnigen aus Erkner betrafen, denen Diebstahl angelastet wurde, welcher sich aber als behördlich gedungen herausstellte. Explizit verlangte Arthur Stadthagen in dieser seiner ersten großen Haushaltsrede, endlich bei der Strafverfolgung den Grundsatz „Im Zweifelsfalle für den Angeklagten“ walten zu lassen. Stattdessen handelten Justiz und Polizei nach dem Prinzip: Was als Recht geschrieben ist, könne keine Willkür sein. Seine Anklage gegen die Klassenjustiz setzte er mit einem sozialrechtlichen Vorfall fort. „Der § 112 gestattet, jemand zu verhaften, wenn er  dringend der That verdächtig und wenn er fluchtverdächtig oder die Spuren der That zu verdunkeln verdächtig ist. Nun haben in Hamburg im vorigen Jahre eine große Zahl von Arbeitern von dem nach dem Gesetze ihnen zustehenden Rechte Gebrauch gemacht, denen ihre Arbeitskraft nicht zu verdingen, die nicht die Löhne zahlen wollten, welche die Arbeiter für angemessen halten, oder, in das staatsanwaltliche Deutsch übersetzt: die Arbeiter „streikten“. Sie wurden von der Polizei in Untersuchungshaft genommen und erkennungsdienstlich fotografiert, was der Polizei, so Stadthagen, im Falle eines konservativen Delinquenten sicherlich als Amtsvergehen angelastet worden wäre. (67)

Ohne seinen Namen zu nennen, bezog er seine persönlichen Erfahrungen in die kritische Auseinandersetzung mit dem § 274 der Strafprozessordnung ein, in dem es um die Anfechtbarkeit von Protokollen ging. Seinen Fall aus dem Jahre 1886 benennend, in dem die Zulassung der mündlichen Aussagen einer analphabetischen Arbeiterin ein Streitfall zwischen Stadthagen und Brausewetter war, der zu den Ehrengerichtsprozessen versus Stadthagen führte, sei nicht der Vorsitzende Richter, der für das Protokoll verantwortlich zeichnete, sondern der Anwalt, der das Protokoll als gefälscht beurteilte, weil die Interessen seiner Mandantin verletzt worden seien, strafrechtlich verfolgt worden.  Am Schluss seiner eindrucksvollen, weil argumentativ und rhetorisch konsistent und zwingend vorgetragenen Rede, kommt ein weiteres Mal Stadthagens Grundanliegen einer Demokratisierung der Rechtsprechung zugunsten der beherrschten Klassen zum Ausdruck: „Aber das, glaube ich, kann der heutige Staat ohne irgendwelche Änderung der Gesellschaftsordnung schon thun, daß er Garantien dafür giebt, daß nicht allzu viel Unschuldige verhaftet werden, ohne daß sie irgend etwas böses gethan haben. Ich glaube, diese Garantie kann die Strafgesetzgebung heute schon dahin geben, daß man nicht Schuldlosen gegenüber mit Verhaftung und Schuldigen oder Unschuldigen gegenüber mit gefälschten Protokollen vorgehe!“ Auch hier vermerkte das Protokoll: Bravo! Bei den Sozialdemokraten. (68)

In folgenden Debatte warfen Stadthagens Nachredner ihm natürlich vor, pauschal die Justiz der Willkür geziehen zu haben, kamen aber um das Eingeständnis nicht herum, dass es in der Rechtspraxis Fehler in der Handhabung der Rechtsvorschriften geben könne. Wie entfernt das herrschende Rechtsdenken von einer Unschuldsvermutung und Demokratisierung seinerzeit und dem Standesdünkel verhaftet war, verdeutlicht der Auszug aus der Replik des Abgeordneten Gröber (Zentrum), selbst Richter, auf Stadthagen: „Meine Herren, eine Garantie dafür zu übernehmen, daß gar keine unschuldige Person jemals in Haft genommen werden kann, die kann kein Staat leisten, oder höchstens ein Idealstaat, in dem die Richter ganz vollkommene Menschen sind, oder vielmehr, in dem alle Menschen so vollkommen sind, daß man keine Richter mehr braucht … Ich glaube, der Herr Abgeordnete Stadthagen hätte die Pflicht gehabt, wenn er nach außen den Richterstand zu diskreditiren sucht,  dafür mehr Material beizubringen, als so ein paar kleine Fälle, die gegenüber den Tausenden von Fällen, in welchem jährlich die Untersuchungshaft verhängt wird, gar nicht in Betracht kommen sollten.“ (69)

Schon dieses Zitat präsentiert die Empfindlichkeit der etablierten Justiz gegen Kritik aus den eigenen Reihen, zumal wenn sie sowohl juristisch als auch politisch vorgetragen und verkörpert wurde. Gröber tat Stadthagens Ausführungen mit einem Gestus ab, der den Sozialisten als unerfahrenen und böswilligen Nestbeschmutzer darstellen sollte.

Derart provoziert, meldete sich Stadthagen abermals  zu Wort.  In seiner fulminanten Replik wies er alle schulmeisternde Kritik energisch zurück und wiederholte seine Forderung nach einer zivilen Verantwortlichkeit der Polizeibeamten mit der Konsequenz, dass Fehlverhalten im Sinne des Rechtsweges und des Dienstrechts zu ahnden möglich werden würde. Zum Ende seiner Rede stellte Arthur Stadthagen die wesentlichen Eckpfeiler seines Rechtsdenkens als der Alternative zur herrschenden Klassenjustiz in den Vordergrund. Würde die Sozialdemokratie die Möglichkeiten dafür besitzen, „dann würde allerdings die gesammte Strafprozessordnung ein anderes, der Gerechtigkeitsidee entsprechendes Gesicht bekommen: wir würden z.B. mit den Staatsanwälten sämmtlich aufzuräumen haben, mit dem Monopol, anzuklagen, mit dem gelehrten Richterstande u.s.w.; wird würden wirkliche Volksgerichte installiren müssen anstatt der heutigen Schöffen- und Schwurgerichte u.s.w.; Ich bin heute nicht so weit gegangen, sondern ich habe heute nur einen kleinen begrenzten Kreis hervorgehoben, und ich meine, diesbezüglich einen besonderen formellen Gesetzesvorschlag vorzubringen, liegt keine Veranlassung vor; es genügt mir, vorläufig die Sachen als Material zur Erwägung gegeben zu haben.“ (70)

In den darauf folgenden zwei  Jahren der 8. Legislaturperiode trat Stadthagen sehr häufig ans Rednerpult, um für die Fraktion der SPD zu sprechen. Dabei ergriff er in der Regel nicht nur einmal das Wort während einer Debatte, sondern nutzte das Mittel der Replik häufig, teils, um die Argumentation zu bekräftigen, teils, um sich gegen persönliche Angriffe offener oder versteckter Natur zu wehren.

Die letzte Sitzung der 8. Legislaturperiode des Reichstages fand am 6. Mai 1893 statt. Am 15. Juni 1893 wählte die Bevölkerung des Deutschen Reiches die Abgeordneten des neuen Reichstages. Im Wahlbezirk Potsdam 6/Niederbarnim eroberte Arthur Stadthagen zum zweiten Mal das Reichstagsmandat für die SPD. Zwar musste er auch diesmal in die Stichwahl, nachdem im ersten Wahlgang 17044 Stimmen (1890: 13362) noch nicht zur absoluten Mehrheit reichten. Aber im zweiten Wahlgang brachten ihn 18710 Stimmen in das Parlament zurück. Die Sozialdemokratie insgesamt gewann gegenüber 1890 rund 360.000 Stimmen hinzu und steigerte sich auf einen Prozentanteil von 23,2% gegenüber 19,7% im Jahre 1890. Ihre Fraktion bestand in der  9. Legislaturperiode fortan aus 44 statt 35 Abgeordneten. (71) An der Eröffnungssitzung am 4. Juli 1893 nahm Stadthagen noch teil. Jedoch begann nun eine Phase der Zurückhaltung, in der er nirgends in den Protokollen erwähnt wurde. In der 12. Sitzung am 4. Dezember 1893 wird dem Reichstag durch den Stellvertreter des Reichskanzlers, von Boetticher, mitgeteilt, dass für die Dauer der Sitzungsperiode die laufenden Strafverfahren gegen Stadthagen und andere Abgeordnete eingestellt worden seien. (72) Zur 25. Sitzung am 12. Januar 1894 vermerkte das Protokoll: „Entschuldigt ist der Abgeordnete Herr Stadthagen, welcher wegen zwingender Behinderung aus der Rechnungskommission zu scheiden wünscht. – Hiergegen wird nichts eingewendet.“ (73)

Die Gründe für diese Abwesenheit liegen in den fälligen Verbüßungen der gegen Arthur Stadthagen verhängten Strafen.  So notierte der Überwachungsbericht der Berliner Polizei am 23. Dezember 1893 für den 20. Dezember, dass Stadthagen seinen Wohnsitz vom Berliner Enke-Platz 2 nach Hamburg verlegt habe. (74) Dass es sich hierbei keineswegs um einen Wohnungswechsel ziviler Natur handelte, offenbarte der „Vorwärts“ am 22. Mai 1894 unter der Rubrik „Lokales“: „Genosse Arthur Stadthagen kehrt am heutigen Tage wieder in die vielberühmte deutsche Freiheit zurück. Fünf Monate sind verflossen, seitdem er wegen Beleidigung …in der Raboiserwache in Hamburg Quartier nehmen mußte…Wir und mit uns die Genossen von Berlin und Umgegend rufen unserm wackern Stadthagen ein herzliches Willkommen! Zu. In den ersten Tagen des Juni hoffen wir unseren Genossen in Berlin wiederzusehen. (75)

Nachdem die erste Sitzungsperiode  der 9. Legislatur nach dem 15. Juli 1893 in die Sommerpause gegangen war, nahm sich die Kassenjustiz ihren wohl schärfsten Kritiker vor und arbeitete einige anliegende Verfahren ab, die zu referieren hier den Rahmen sprengen würde. Doch in die parlamentarische Sommerpause fiel ein Ereignis, dass für die Berliner Sozialdemokratie von herausragender Bedeutung war, nämlich der Deutschlandbesuch Friedrich Engels, zu dessen Ehren am 22. September 1893 eine große Festveranstaltung in den Concordia-Festsälen organisiert wurde. Auch Arthur Stadthagen nahm an vorderer Stelle an der Ehrung des Gründervaters der deutschen Arbeiterbewegung teil. (76)

Seine parlamentarischen Aktivitäten hatte Stadthagen frühestens in der Wintersitzungsperiode wieder aufnehmen können. Doch pünktlich zu Beginn derselben meldete die polizeiliche Überwachung am 5.12.1894: „Der Stadtverordnete, Mitglied des Reichstages, Arthur Stadthagen, Potsdamer Straße 29 bei Jacob wohnhaft, ist am 30. November 1894 betreffs Abbüßung einer 4 monatlichen Gefängnisstrafe …eingeliefert worden.“ Diesmal saß er in Plötzensee ein. (77)

Während dieser Haftzeiten, die ihm die Wahrnehmung seines Mandates unmöglich machten, vielleicht bewusst unmöglich zu  machen gedacht waren, wird er sein Hauptwerk „Das Arbeiterrecht“ verfasst haben.

Dass der Ansporn, vor allem der Arbeiterklasse einen Rechtsratgeber zur Hand zu geben, um sich ihrer juristischen Stellung und ihrer Möglichkeiten innerhalb der geltenden Rechts- und Eigentumsordnung bewusst zu werden, aus dem Umstand des gegen ihn verhängten Berufsverbotes herrührt, darf als wahrscheinlich angenommen werden, zumal es seinem uns bekannten Wesen entspricht, nicht „klein beizugeben“. Man kann es sich gut vorstellen, wie Arthur Stadthagen während seiner beiden Haftzeiten ab Ende 1893 akribisch die die Arbeiterschaft betreffenden relevanten Rechtsvorschriften notierte und dokumentierte, um daraus abschließend ein Buchmanuskript zu entwickeln. Wann indes er exakt mit dieser Arbeit begann, ist momentan noch nicht datierbar und kann daher nur vermutet werden. Dass es sich absolut auf aktuellem Stand befand, ergibt sich aus den Darlegungen, die bis ins Jahr 1895 hinein reichen, also den Stand des geltenden Rechts repräsentieren. (78)

Das Buch ist in drei Teile gegliedert: 1. Das gewerbliche Arbeitsverhältnis, 2. Das Verfahren für Streitigkeiten aus dem gewerblichen Arbeitsverhältnis, 3. Beispiele und Formulare für Anträge, Klagen, Beschwerden, Berufungen.

Mithin handelt es sich beim „Arbeiterrecht“ sowohl um ein Lehrbuch als auch um einen Ratgeber in konkreten Fällen. Der Rechtsuchende konnte sich im Stichwortregister den ihn betreffenden Rechtsgegenstand heraussuchen und erhielt dann praxisorientierte Hinweise Stadthagens. Viele Beispiele waren so abgefasst, dass praktisch nur noch der Name und das Datum einzusetzen waren, was den Arbeitern eine wirklich große Hilfe bot. So konnte der geschasste Anwalt der Armen noch mehr Menschen Hilfen geben, als es der praktizierende Rechtsanwalt vielleicht jemals vermocht hätte; seine konservativen Kontrahenten müssen, so kann man es sich wohl vorstellen, vor Wut gekocht haben.

Vielfach brachte Stadthagen die sozialistische Grundhaltung in Fußnoten oder Kommentaren zum Ausdruck, so dass die konkreten Rechtshilfen eingebettet waren in eine systemüberwindende Konzeption. Zum Kapitel „Lohn und Lohnhöhe“ lesen wir als Fußnote: „Die Höhe des Lohnes selbst richtet sich nach wirthschaftlichen Grundsätzen, deren Darlegung in diesem Buch zu weit von seinem Zweck abführen würde, die wohl auch als dem Arbeiter bekannt vorausgesetzt werden dürfen. Es genüge der Hinweis, daß der Lohn aller Arbeiter dem Werth einer Anzahl von Lebensmitteln gleichkommt, die erforderlich ist, um die Arbeiterklasse als arbeitende Klasse dem Unternehmerthum zu erhalten“, womit er allgemeinverständlich die Basis der Marxschen Mehrwerttheorie referierte. (79) In seiner Auseinandersetzung mit dem Akkordlohn als eines Mittels zur Verschärfung der Konkurrenz unter den Arbeitern selbst betonte er: „Je mehr das Interesse der Unternehmerklasse dazu drängt, den Akkordlohn zur vortheilhaften Ausnutzung der Arbeiter einzuführen, desto größer ist nach all dem die Pflicht des einzelnen Arbeiters, sich in Gewerkschaften mit seinen Fachgenossen zu vereinigen, um durch gemeinsames Vorgehen aller Fachgenossen wenigstens einen Akkordtarif zu erringen, der möglichst günstige Bedingungen enthält.“ (80)

Vor dem Erscheinen der Gesamtschrift hatte Stadthagen bereits einzelne Kapitel auszugsweise als Hefte publiziert, wie der „Vorwärts“ vom 22. Dezember 1895 berichtete. Das Gesamtwerk wurde mit folgenden Bemerkungen gewürdigt: „Der Konflikt der Interessen ist der Schöpfer der rechtlichen Ordnung, eine veränderte Szenerie der Interessen und das Rechtsgefühl ist ein anderes geworden. Diese Gedanken an der Hand der einzelnen Rechtssätze in großem Stil durchgeführt zu haben ist das Verdienst Stadthagen´s. Wenn der deutsche Reichstag sich jetzt anschickt, an die Berathung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches heranzutreten, so sollte er den Standpunkt, welchen Stadthagen einnimmt, nicht außer Acht lassen. Nur auf diese Weise können die Interessen derjenigen Volksgruppen, welche mehr als vier Fünftel der gesamten Nation umfassen, die Interessen der besitzlosen Volksklassen wenigstens einigermaßen in dem neuen Gesetzbuch zum Ausdruck kommen.“ (81)

V.  Ausblick und Fazit: Zwischen Rechtsreform und Volksgerichtsbarkeit –  Arthur Stadthagens Beitrag zur einer frühen Rechtspolitik der Sozialdemokratie

Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches stellte einen Höhepunkt der parlamentarischen Arbeit Arthur Stadthagens dar. „Die Beratung und Annahme des Bürgerlichen Gesetzbuches fiel in die Zeit, in der Stadthagen die Monopolstellung als Jurist der Fraktion innehatte. Die Mitwirkung daran war seine parlamentarische Hauptleistung“, urteilte Ernest Hamburger,  der ansonsten sehr kritische Bemerkungen für Stadthagen fand. (82)

Das Bürgerliche Gesetzbuch ging einher mit der Reichsgründung von 1871, als der Reichseinheit auch die Aufhebung der Vielstaaterei des Rechts folgen sollte.  Der Bundesrat berief am 2. Juli 1874 eine “Erste Kommission“ zur Vorbereitung des Bürgerlichen Gesetzbuches ein, die fast ausschließlich aus Ministerialvertretern bestand. Der Entwurf aus den Händen dieses erlauchten Kreises wurde am 31. Januar 1889 vom Bundesrat zur Veröffentlichung beschlossen. Kritiker tadelten die zu einseitige Orientierung am römischen Recht, die volksfremde Gelehrtensprache und die sozialpolitische Rückständigkeit. (83)

So beschloss der Bundesrat am 4. Dezember 1890 die Einsetzung einer „zweiten Kommission“ zur Überarbeitung des heftig kritisierten ersten Entwurfs. Diese Kommission bestand diesmal nicht ausschließlich aus nichtöffentlich tagenden Fachleuten, sondern bezog zusätzlich die dem Gesetzeswerk prinzipiell positiv gegenüberstehenden Parteien  der Deutschkonservativen, der Nationalliberalen, der Freisinnigen und des Zentrums sowie einige Interessenvertreter der Wirtschaft, des Landbesitzes und der Wissenschaft in die Beratungen ein. Am 21. Oktober 1895 gelangte der überarbeitete Entwurf in den Bundesrat, der ihn am 11. Januar 1896 annahm. Reichskanzler von Hohenlohe brachte ihn nun am 17. Januar 1896 in den Reichstag ein, der ihn an einigen wenigen Fragen erneut heftig debattierte. „Der Widerstand der Sozialdemokraten gegen den das Eigentum und die Vertragsfreiheit sichernden Entwurf war vorauszusehen. Doch drohte ihm auch der Widerstand des Zentrums, vor allem wegen der liberalen Regelung des Eherechts…Die Sozialdemokraten sprachen sich vor allem gegen das ihrer Ansicht sozial rückständige Dienstvertragsrecht aus.“ (84)

Erneut wurde eine Kommission zur Klärung der letzten strittigen Fragen eingesetzt, in der erstmals auch mit Arthur Stadthagen und dem Hamburger Karl Frohme (85) zwei Vertreter der SPD mitarbeiteten. Es gelang ihnen, an der Ergänzung einiger sozialrechtlich motivierter Verbesserungen mitzuwirken.

Am 12. Juni 1896 schloss diese Reichstagskommission ihren Bericht ab, die Zweite Lesung erfolgte vom 19. bis 27. Juni 1896. Am 1. Juli 1896 schließlich beschloss der Deutsche Reichstag mit 222 Stimmen gegen 48 Stimmen und 10 Enthaltungen das Bürgerliche Gesetzbuch, das am 1. Januar 1900 in Kraft trat. Die 44 Abgeordneten der SPD stimmten geschlossen gegen das Gesetz. (86)

. In einer heftigen internen Fraktionsauseinandersetzung hatte die SPD um ihr Verhältnis zu diesem neuen Gesetzeswerk gerungen August Bebel berichtete über eine erste Abstimmung, bei der sich von lediglich 23 anwesenden SPD-Abgeordneten 14 für die Annahme des BGB ausgesprochen hätten, darunter Arthur Stadthagen, Karl Frohme und Ignaz Auer, wohingegen Bebel und Paul Singer gegen die Annahme votierten. Bebel schrieb von Krach und von erregten Debatten. (87) Doch in einer Folgeabstimmung unterlagen Stadthagen und Frohme, die Fraktion stimmte am 1. juli 1896 im Reichstag geschlossen gegen die Annahme des BGB. Die erreichten Verbesserungen am Gesetzeswerk gingen ihr am Ende nicht weit genug, legten aber ein Grundproblem der Politik der SPD offen, nämlich die Frage, in welcher Weise sie sich nicht nur agitatorisch im Reichstag betätigen, sondern im Interesse der Arbeiterschaft konkret an Gesetzesprozessen mitarbeiten solle, was natürlich auch die Möglichkeit  der Zustimmung nach sich zog. Denn in den Jahren nach 1893, dem Beginn der „Revisionismusdebatte“,  definierten die marxistischen Kräfte Sozialreformen kritisch als Mitarbeit am bürgerlichen Staat und als den Versuch, die Arbeiterklasse in jenen zu integrieren, die Revisionisten hingegen maßen der transformatorischen  Zielsetzung des  Sozialismus eine geringere Bedeutung zu.

Arthur Stadthagen selbst nahm hier offensichtlich als Marxist eine Mittelposition ein. Auch Robert Wheeler charakterisierte Stadthagen in seiner Untersuchung über die USPD und die Internationale als einen Charakter, der „seinen Idealismus mit einem starken Zug zum Pragmatismus  verband“. (88) Und in der Tat kommt in seinen Ausführungen und zahlreichen Kommentierungen wichtiger Gesetze immer wieder das Bestreben zum Ausdruck, den Schwachen zu helfen. So schloss er das Vorwort des „Arbeiterrechts“ mit der Bemerkung: „Die mir von verschiedenen Seiten aus geäußerten Wünsche und eine zehnjährige Erfahrung, in der ich jährlich Tausenden von Arbeitern zu rathen Gelegenheit hatte, bewiesen mir die Zweckmäßigkeit einer solchen  Stütze.“ (89)

Ernest Hamburger erblickte offenbar in Stadthagens helfendem Pragmatismus eher eine intellektuelle Schwäche, denn er unterstellte, dass im Falle des BGB „der radikale Berliner Abgeordnete den wahren Charakter der wirtschaftlichen Bestimmungen des Textes nicht erkannte und seine Fraktion zu seiner Annahme veranlassen wollte“; auch „als Jurist ragte er über das Mittelmaß nicht hinaus“. (90) Beweise allerdings blieb Hamburger schuldig. Dabei zeigt eine abschließende Betrachtung der in jener Zeit gültigen sozialistischen Programmatik, dass sich Arthur Stadthagen in vollem Einklang mit den sozialdemokratischen Grundsätzen befand. Inwieweit er sie sogar im rechtspolitischen Sinne geprägt oder mitgestaltet haben könnte, ist eine Frage, die in Zukunft noch erörterungswürdig sein dürfte.

Im Gothaer Programm der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD),  beschlossen auf dem Vereinigungskongress der SDAP und des ADAV vom 22. bis 27. Mai 1875, finden sich nur knappe Ausführungen zu den Rechtsvorstellungen der deutschen Sozialisten, die allerdings durchaus aufschlussreich waren: „Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands fordert als Grundlagen des Staates: …5. Rechtssprechung durch das Volk. Unentgeltliche Rechtspflege…Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands  fordert innerhalb der heutigen Gesellschaft: … 6. Schutzgesetze für Leben und Gesundheit der Arbeiter. Sanitätliche Kontrolle der Arbeiterwohnungen. Überwachung der Bergwerke, der Fabrik-, Werkstatt- und Hausindustrie durch von den Arbeitern gewählte Beamte. Ein wirksames Haftpflichtgesetz.“ (91) Zwar befand sich Stadthagen zur Zeit der  Abfassung dieses bedeutenden Dokuments der deutschen Arbeiterbewegung noch als Schüler am Friedrichs-Gymnasiums,  dennoch hat er später als Anwalt und Wahlkämpfer viele dieser Forderungen aktiv berücksichtigt und für deren Realisierung gewirkt.

Das Programmdokument, das die politische Arbeit der Sozialdemokratie in den folgenden Jahrzehnten begleitete, das „Erfurter Programm“ von 1891, fiel mit Stadthagens Aufstieg zum Rechtslehrer und Rechtspolitiker der Arbeiterbewegung zusammen. Bekannterweise wurde sein theoretischer Bestandteil durch Karl Kautsky, sein handlungsbezogener Programmteil von Eduard Bernstein formuliert.  In diesem Abschnitt, der im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaft die nächstliegenden Ziele der Arbeiterbewegung auf dem Wege der Transformation der kapitalistischen  in eine sozialistische Gesellschaft fixierte und damit eine Dialektik von praktischer Politik und sozialistischer Perspektive widerspiegelte, die später durch die Dominanz des Reformismus aufgelöst wurde, lesen wir unter Punkt 8 : „Unentgeltlichkeit der Rechtspflege und des Rechtsbeistands. Rechtsprechung durch vom Volk gewählte Richter. Berufung in Strafsachen. Entschädigung unschuldig Angeklagter, Verhafteter und Verurteilter. Abschaffung der Todesstrafe.“(92)

Man kann aus diesen Formulierungen zwar nicht schlussfolgern, dass Eduard Bernstein sie von Stadthagen übernommen   oder sie mit ihm abgesprochen hatte, aber durchaus annehmen, dass sie in seinem Sinne verfasst wurden. Denn der Anwalt der Armen und Rechtslehrer der deutschen Arbeiterbewegung jener Jahre, Arthur Stadthagen, stand mit seinem Wirken, seinen Konflikten mit der Klassenjustiz und mit seinem praktischen Engagement für die Unterprivilegierten der Klassengesellschaft mit seiner ganzen Persönlichkeit für diese Forderungen des Erfurter Programms der Sozialdemokratie in der Phase ihres Aufstiegs.

Anmerkungen

1) Holger Czitrich-Stahl, Arthur Stadthagen – der erste sozialdemokratische Jurist im Deutschen Reichstag, Entwurfsfassung in: Von Abendroth bis Zoologie, Band 3, Selbstverlag 2008, Seite 112-149

2) Arthur Stadthagen, Das Arbeiterrecht, Berlin 1895. Dieses Werk erschien in vier zum Teil völlig überarbeiteten Auflagen bis 1904.

3) Polizeipräsidium Berlin. Politische Angelegenheiten 1809-1945. Sachthematisches Inventar bearbeitet von Rudolf Knaack und Rita Stumper. Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin Band 11, Berlin 2007

4) http://www.reichstagsprotokolle.de/rtbiaufauf_k8.html; http://www.reichstagsprotokolle.de/rtbiaufauf_k9.html; Zugriff vom 27. April 2009

5) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft. „Vorwärts“ vom 30. Dezember 1892, 2. Beilage.

5a) Landesarchiv Berlin (LAB), A  Pr. Br. Rep 030, Nr. 13183, Blatt 1. Fortan werden alle Akten dieser Registratur zitiert als LAB Nr. 13183

6) Wilhelm Dittmann, Erinnerungen. Bearbeitet und eingeleitet von Jürgen Rojahn, Band 1,

Frankfurt/New York 1995, S. 31

7) Ernest Hamburger, Juden im öffentlichen Leben Deutschlands, Tübingen 1968, S. 481

8 ) Zu Stadthagens Gedächtnis, Beilage zu Nr. 38 des Mitteilungsblattes des Verbandes der sozialdemokratischen Wahlvereine Berlins um Umgegend, 16. 12.1917, S.1

9) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O.

10) Vossische Zeitung vom 28. Mai 1887, in: Landesarchiv Berlin (LAB), A Pr.Br.Rep 030, Nr. 13183, Blatt 7. Fortan werden alle Akten dieser Registratur zitiert als LAB Nr. 13183

11) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O.

12) Vossische Zeitung vom 28. Mai 1887, a.a.O.

(*) Im Text Stadthagens findet sich die Schreibweise „Hoffmann“, im Artikel der „Vossischen Zeitung“ die als „Hofmann“

13) Ebenda

14) ebenda, und  Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O.

15) LAB, Nr. 13183, Blatt 1

16) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O., Gerhard Pardemann, Zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Reichstagswahlkreis Niederbarnim (1871-1910) unter besonderer Berücksichtigung der Tätigkeit des Reichstagsabgeordneten Arthur Stadthagen, Dissertation (A) , Potsdam 1970, S. 102ff

17) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O. (**) Dabei bezog er sich auf eine unpolitische Revisionsschrift in einem Verfahren gegen Frau B., deren Identität an dieser Stelle nicht näher bestimmt wurde.

18) Ebenda

19) Ebenda

20) Ebenda

21) Neue Preußische Zeitung vom 11. Mai 1889, in LAB Nr. 13183, Blatt 12

22) Czitrich-Stahl, vgl. Anmerkung 1, Kapitel 4 „An`s Vaterland, an`s theure, schließ dich an!“, a.a.O., S.125ff

23) Berliner Volksblatt vom 22. September 1889, LAB Nr. 13183, Blatt 52

24) Brief Arthur Stadthagens an das Berliner Volksblatt vom 27. September 1889, LAB Nr. 13183, Blatt 56

25) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O.

26) Eduard Bernstein, Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung, Zweiter Teil: Die  Geschichte des Sozialistengesetzes in Berlin,  Berlin 1907, S. 284

27) Ebenda, S. 286

28) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O.

29) Ebenda

30) Czitrich-Stahl, vgl. Anmerkung 1 , S. 131

31) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O.

32) Ebenda

33) Ebenda. Zum „Geheimbundprozess“ siehe auch Anm. 24

34) Arthur Stadthagen, Meine Ausschließung, a.a.O.

35) Ebenda

36) Volks-Zeitung vom 22. Dezember 1892,  LAB  Nr. 13183, Blatt 135

37) Berliner Tageblatt vom 23. Dezember 1892, LAB Nr. 13183, Blatt 135

38) Vorwärts vom 9. Januar 1895

39) Arthur Stadthagen, Vorwort, in: Das Arbeiterrecht, Berlin 1895 (1)

40a) Geschichte der revolutionären Berliner Arbeiterbewegung, Band 1: Von den Anfängen bis 1917 , Berlin/DDR 1987, S.  315f

40b) Heinrich August Winkler, Der lange Weg nach Westen, Deutsche Geschichte 1806-1933, Bonn 2002, S. 259

41) Dieter Fricke, Handbuch zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 1869-1917,

Band 2, Berlin/DDR 1987, S. 720

42) Winkler, a.a.o.,  S. 260

43) LAB Nr. 13183, Blatt 105

44)Protokolle über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages, http://mdz.bib-bvb.de/digbib/reichstag/drt/rtb129_151/rtb129/@Generic__BookView;cs=default;ts=default;lang=de; Seite 54,  Zugriff vom 28.4.2009 (Künftig zitiert als Protokolle über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages, a.a.O., Sitzungs- und Seitenangabe)

45) Ebenda, 11. Sitzung vom 21. Mai 1890, S. 196

46) Ebenda. 13. Sitzung vom 10. Juni 1890, S. 243

47) Ebenda, 14. Sitzung vom 11. Juni 1890, S. 259f

48) Ebenda, 23. Sitzung vom 21. Juni 1890, S. 484

49) Ebenda, S. 484f

50) Ebenda, 24. Sitzung vom 23. Juni 1890, S. 504

51) Ebenda, S. 510

52) Ebenda, 28. Sitzung vom 27. Juni 1890 Seite 633 ff, Zitate auf Seite 636f

53) Ebenda, 29. Sitzung vom 28. Juni 1890. S. 677

54) Ministerium des Innern, Berlin, den 18. Juli 1890, LAB A Pr.BR. Rep 030Nr. 13237, Die Bestimmungen der Überwachung der Sozialdemokratie nach Ablauf der Geltungsdauer des Sozialistengesetzes ./. 1. Oktober 1890, Blatt 1 (LAB Nr. 13237)

55) Volks-Zeitung vom 11. August 1890, in LAB Nr. 13237, Blatt 5

56a) LAB Nr. 13183, Blatt 108

56b) Berliner Volksblatt vom 26. August 1890, LAB 13183, Blatt 106

57a) Ebenda, Blatt 141

57b) Ebenda, Blatt 143.

58a) Sylvia Leis/Hans-Jürgen Mende (Hrsg.), Lexikon Berliner Straßennamen, Berlin 2004, Seite 267

58b) Berliner Adressbuch von 1887, http://adressbuch.zlb.de/viewAdressbuch.php?CatalogName=adre2007&ImgId=75974&intImgCount=-1&CatalogCategory=adress&Counter=&CatalogLayer=5, Zugriff vom 29. April 2009. Hier ist er verzeichnet unter  Rechtsanw. b. Landger. II.

58c) Sylvia Leis/H.J. Mende (Hrsg.), a.a.O., S. 116

59)Vorwärts vom 8. November 1894,  LAB Nr. 13183, Blatt 179

60) Vorwärts vom 14. Juni 1891, LAB Nr.13237, Blatt 25

61) Protokolle über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages, http://mdz.bib-bvb.de/digbib/reichstag/drt/rtb129_151/rtb130/@Generic__BookView;cs=default;ts=default;lang=de, 33. Sitzung vom 2. Dezember 1890, Seite 755ff

62) Ebenda, 35. Sitzung vom 4. Dezember 1890, S. 777ff

63) Ebenda, 37. Sitzung vom 9. Dezember 1890, S. 812 ff

64) Protokolle der Verhandlungen des Deutschen Reichstages, http://mdz.bib-bvb.de/digbib/reichstag/drt/rtb129_151/rtb131/@Generic__BookView;cs=default;ts=default;lang=de, 90. Sitzung vom 16. März 1891, S. 2081

65) Ebenda

66) Ebenda, S. 2082

67) Ebenda, S. 2084f

68) Ebenda, S. 2086

69) Ebenda, S. 2087

70) Ebenda, S. 2088

71) Vgl. Dieter Fricke, Handbuch, a.a.O., S. 720ff

72) Protokolle der Verhandlungen des deutschen Reichstages, http://mdz.bib-bvb.de/digbib/reichstag/drt/rtb152_164/rtb153/@Generic__BookView;cs=default;ts=default;lang=de, 12. Sitzung vom 4. Dezember 1893, S. 250

73) Ebenda, 25. Sitzung vom 12. Januar 1894, S. 597

74) LAB Nr. 13183, Blatt 164

75) Vorwärts vom 22. Mai 1894, in LAB Nr. 13183, Blatt 171

76) Friedrich Engels – eine Biographie, Berlin/DDR 1970, S. 596; Geschichte der revolutionären Berliner Arbeiterbewegung, Band 1, a.a.O., S. 377ff

77) LAB Nr. 13183, Blatt 181

78) Siehe z.B. Arthur Stadthagen, Das Arbeiterrecht, 1895 (1),  S. 235: Stand der Gewerbegerichte vom 1. Oktober 1895

79) Ebenda, S. 85

80) Ebenda, S. 87

81) Vorwärts vom 22. Dezember 1895, in LAB Nr. 13183, Blatt 240

82) Hamburger, a.a.O., S. 482

83) Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Band 5, Stuttgart 1975, Seite 273f

84) Ebenda, S. 275f

85) Zu Karl Frohme (1850-1933), dem alten Lassalleaner und späteren Reformisten siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Frohme, Zugriff vom 4. Mai 2009

86) Huber, a.a.O., S. 277, Staatslexikon, im Auftrag der Görres-Gesellschaft unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute herausgegeben von Hermann Sacher, Fünfte, von Grund aus neubearbeitete Auflage, Erster Band, Freiburg im Breisgau 1926, S.1132

87) August Bebel an Victor Adler, Berlin, d. 28. Juni 1896, in: Victor Adler, Briefwechsel mit August Bebel und Karl Kautsky, Wien 1954, S. 210

88) Robert Wheeler, USPD und Internationale, Sozialistischer Internationalismus in der Zeit der Revolution,  Frankfurt am Main – Berlin –Wien 1975, S. 34

89) Arthur Stadthagen, Vorwort,  Das Arbeiterrecht , 1895 (1), a.a.O.

90) Hamburger, a.a.O., S. 481f

91) Siehe in: Programmatische Dokumente der deutschen Sozialdemokratie, herausgegeben und eingeleitet von Dieter Dowe und Kurt Klotzbach, Bonn 1990 (3), S. 177ff

92) Ebenda, S. 185ff

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Thema: Historisches

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