Auszug aus dem Bericht der Beobachtungskommission des Fürstentums Asturien (Spanien) über die Menschenrechtssituation in Honduras (30. Juli bis 6. August 2009)
Montag, 24. August 2009 | Autor: hfe | Diese Seite als PDF herunterladen
Teilnehmer: Rafael Palacios (Direktor der asturischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit), Javier Cortína (Berater der Entwicklungskooperation der Stadt Gijón), Javier Arjona (Vertreter der NGO „Soldepaz Pachakuti“, zugleich Vertreter der Koordinationsstelle der NGOs des Fürstentums Asturien), Belarmino García (Vertreter der NGO „OSPAAAL“)
Erste Ergebnisse
Wir präsentieren hiermit die ersten Ergebnisse des zu erstellenden vollständigen Berichts über die Beobachtungen, Feststellungen und Zusammenstellung von Anzeigen, welche die asturische Kommission während des Aufenthalts in Honduras angestellt hat.
Wir danken herzlich für die Bereitschaft, Verbindlichkeit und Zusammenarbeit der honduranischen Personen, Bewegungen und Organisationen in einer so harten und schweren Zeit.
Im Sinne einer Präambel möchte die asturische Beobachterkommission über die Menschenrechtssituation in Honduras in aller Ernsthaftigkeit ihre Befürchtung hinsichtlich der Möglichkeit zum Ausdruck bringen, dass dieser Staatsstreich ähnliche Aktionen durch Armen und ökonomische Mächte anderer Staaten des Kontinents auslösen kann. In Honduras könnte es teilweise um die Zukunft der partizipativen und demokratischen Errungenschaften gehen, die in den letzten Jahren in Lateinamerika erreicht wurden, sowie um die Fortschritte im Kampf um soziale Gerechtigkeit und gegen die Ursachen der Verarmung und die Ungleichheit.
Die asturische Beobachterkommission über die Menschenrechtssituation in Honduras bringt hiermit ihre Solidarität und Teilnahme am Kampf und dem Widerstand des honduranischen Volkes gegen den Staatsstreich zum Ausdruck.
Erste Ergebnisse der asturischen Beobachterkommission über die Menschenrechtssituation in Honduras auf der Basis von zusammengestellten Feststellungen, Zeugenaussagen und zusammengestellten Anzeigen:
- Organisationen und Personen berichteten dieser Kommission über die schwere Situation der Verarmung und sozialen Ungerechtigkeit in welcher historisch die Mehrheit des honduranischen Volkes lebt und die Aneignung der Macht und der Institutionen durch eine Oligarchie, die sich seit langem auf gewaltsame Art und Weise jedem Prozess demokratischer Reform, sei sie auch noch so klein, widersetzt und sich benimmt, als sei Honduras ihr Privateigentum. Nach Daten der Ökonomischen Kommission für Lateinamerika (CEPAL) leben 80 % der 7,5 Mio. EinwohnerInnen Honduras’ in Armut und 40 % in extremer Armut, mit weniger als 1 $ pro Tag. Da 51 % der Bevölkerung Honduras’ unter 18 Jahren ist, kann man schließen, dass die Mehrheit der Kinder in extremer Armut leben, nach Angaben der ILO sexuell und durch Arbeit ausgebeutet werden, und in der Schulbildung nicht über die 4. Klasse hinauskommen.
- Seitens unterschiedlicher sozialer und politischer Zusammenhänge wird berichtet, dass der Staatsstreich und die Überheblichkeit und der Autismus, mit welchem dieser zum Ausdruck gebracht wird, durch die Unterstützung der Oligarchie und die extreme Rechte Honduras’ getragen werden, unterstützt durch Teile des Militärs und der Wirtschaft der USA, Komplizentum des Organisierten Verbrechens sowie der Institutionen, und durch die ideologische Deckung der Medien und Ränge der katholischen und evangelischen Kirche.
- In der Mehrheit der gesammelten ZeugInnenaussagen wurde zum Ausdruck gebracht, dass es eine schwere Situation der Polarisierung in der honduranischen Gesellschaft gibt, die bereits vor dem Staatsstreich des 28. Juni 2009 zum Ausdruck kam und die sich derzeit in allen Bereichen verschärft: in den Familien, in den Straßen, in den Betrieben,… Diese Polarisierung sei durch manipulative Kampagnen der Kommunikationsmedien angefeuert worden, denen vorgeworfen wird, den Staatstreich zu unterstützen.
- Viele ZeugInnenaussagen deuten darauf hin, dass als Antwort auf den Staatsstreich eine Wiederbelebung der sozialen Bewegungen und ein Prozess der gesellschaftlichen Vereinigung erfolgt ist, der so noch nie in Honduras erlebt wurde. Es erfolgt ein beispielhafter friedlicher Kampf gegen die Barbarei und Repression von Seiten aller Sektoren der honduranischen Gesellschaft.
- Gesammelte Berichte und jüngere Ereignisse zeigen auf, dass der Putsch in Honduras mit Zustimmung der US-Botschaft erfolgte; es wird darauf hingewiesen, dass der US-Botschafter in Honduras einer der Organisatoren des Staatsstreichs war. Man wirft den USA vor, heuchlerisch (janusgesichtig) angesichts des Staatsstreichs zu sein und es wird gemeldet, dass die Militärpräsenz in Honduras verstärkt wird. Darüber hinaus wird gefordert, dass die USA aufgrund ihres Einflusses auf die honduranische Oligarchie konkretere und effektivere Maßnahmen gegen den Staatsstreich ergreift.
- Seitens verschiedener Sektoren der honduranischen Gesellschaft wird mit Entschiedenheit der nationale Menschenrechtskommissar, Dr. Ramon Custodio, verantwortlich dafür gemacht, eine beschämende und entschuldigende Haltung gegenüber dem Putsch und der Repression einzunehmen. Es wird von einer Situation großer Wehrlosigkeit berichtet, in welcher sich die VerteidigerInnen der Menschenrechte angesichts des Komplizentums des Menschenrechtskommissars hinsichtlich des Staatsstreichs befinden. Es wird berichtet, dass es undenkbar ist, ein Übereinkommen zu finden, um die aktuelle Situation zu überwinden, die sich durch Straflosigkeit auszeichnet. Viele befragte Sektoren fordern die Einrichtung einer Wahrheitskommission.
- Es wird von schweren, systematischen und permanenten Menschenrechtsverletzungen berichtet, von der Nutzung brutaler und gewalttätiger repressiver Mechanismen gegen die Zivilbevölkerung, und von der Teilnahme von bewaffneten und organisierten ZivilistInnen an den repressiven Maßnahmen. Es wird von der Aktivierung paramilitärischer Gruppen berichtet, unterstützt von der Vieh- und Kaffeewirtschafts-Oligarchie. Vor dem Hintergrund der schweren Menschenrechtsverletzungen und des Zusammenbruchs der Institutionen wird es für unmöglich gehalten, die Verteidigung der Menschenrechte zu gewährleisten, da rechtsstaatliche Garantien nicht existieren.
- Es wurden schriftliche und grafische Beweismittel über die Präsenz zivil gekleideter Polizisten und Militärs gesammelt, die in öffentliche Versammlungen mit dem Ziel infiltriert wurden, Gewalttätigkeiten zu provozieren, die die nachfolgende Repression rechtfertigen sollten, sowie die AnführerInnen und TeilnehmerInnen zu verfolgen. Es wurde berichtet, dass Offiziere der Polizei und des Militärs große Geldsummen erhielten, um sich dem Putsch anzuschließen.
- Es wird berichtet, dass Fernsehaufnahmen, Interviews und Fotografien der Presse genutzt werden, um TeilnehmerInnen der an den Mobilisierungen des Widerstands und des Protests gegen den Staatsstreich zu identifizieren und sie anschließend zu unterdrücken, sie festzuhalten oder zu töten.
10. Es wird berichtet, dass die TeilnehmerInnen an den Prozessen der Mobilisierung und Proteste gegen den Staatsstreich bedroht und verfolgt werden.
11. Es wird berichtet, dass in einem Staat wie Honduras, wo der religiöse Diskurs von hohem Gewicht ist, die hohen Ränge der katholischen und evangelischen Kirche(n) Teil des Prozesses der Legitimierung des Putsches sind und eine furchtbare Rolle bei der gesellschaftlichen Demobilisierung spielen. Es wird berichtet, dass die hohen Ränge der katholischen und evangelischen Kirche(n) im Dienst des Staatsstreichs stehen.
12. Es wurde aufgezeigt, dass die Putschisten versuchen, die Protestbewegungen durch Verschleiß zu erschöpfen und dass dieser Verschleiß in Gewalttätigkeiten mündet, welche die Nutzung von Gewalt rechtfertigt. Es wurden Berichte gesammelt, welche zeigen, dass die Sprengkörper, die in einigen Institutionen explodierten, mit dem Ziel gelegt wurden, die Repression zu rechtfertigen und zu versuchen, Venezuela, Nicaragua und El Salvador zu verwickeln, zu disqualifizieren oder zu beschuldigen.
13. Es wurde argumentiert, dass es einen Ausdruck der Repression gibt, der effektiver als die körperliche Gewalt ist: der mediale Terrorismus, Produzent von Angst. Bestimmte Kommunikationsmedien werden beschuldigt, Nebelkerzen zu schaffen, um die Realität des Putsches zu verschleiern. Es wird berichtet, dass die Medien, die sich dem Staatsstreich entgegenstellten, durch das Militär besetzt und militarisiert wurden und ihre Vertreter bedroht oder festgehalten wurden, wie im Fall des Radio Progreso, des Kanal 36, der Bildungsprogramme für Frauen sowie weiterer… Darüber hinaus wurden internationale JournalistInnen des Landes verwiesen, sowie in einigen Fällen festgehalten und unterdrückt.
[Es folgt eine große Anzahl konkreter Fallbeispiele]
14. Es wird berichtet, dass das Putschregime auf willkürliche und illegale sowie verfassungswidrige Art und Weise Ausgangssperren dekretiert hat, die sich über mehr als vier Tage hinzogen, sowie den Personenverkehr, Lieferungen von Wasser, Nahrungsmitteln und Medizin sowie jede Art humanitärer Hilfe für die Bevölkerung verhinderte, die sich dem Ausnahmezustand ausgesetzt sah, gleichzeitig die lokale Bevölkerung treffend und eine Situation extremer humanitärer Not provozierend.
15. Es wurden schwere Vorwürfe empfangen, dass das honduranische Rote Kreuz, unter Verletzung des Mandates des Internationalen Roten Kreuzes, nicht sofort mit den erforderlichen, der Dimension der humanitären Not entsprechenden Mitteln herbeieilte, die dringenden Hilferufe der belagerten Bevölkerung auf diese Weise überhörend. Ferner, dass eine Ambulanz des Roten Kreuzes, mit einem Emblem des Roten Kreuzes, gewaltsam in eine Menschenansammlung hinein fuhr, dabei sogar einige Personen anfahrend, und dass Augenzeugen berichteten, dass diese Ambulanz Tränengas sowie Militärs transportierte. Obwohl die Autoritäten des honduranischen Roten Kreuzes berichteten, dass sie die Einheit nicht geschickt hatten, haben sie bis heute weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene öffentliche Vorwürfe erhoben, dass das Emblem des Roten Kreuzes illegalerweise für militärische und repressive Zwecke genutzt wurde, und haben sich dadurch zu Komplizen der Verletzung des internationalen Mandats der Organisation sowie der humanitären Notsituation gemacht. Ferner, dass wegen des öffentlichen Drucks auf das Honduranische Rote Kreuz dessen Autoritäten akzeptierten, die Nahrungs-, Wasser- und Medizintransporte zu begleiten. Dass die Fahrzeuge, die das Honduranische Rote Kreuz für die Transporte der humanitären Hilfe bereitstellte, wegen der Ablehnung durch die Autoritäten des Honduranischen Roten Kreuzes nicht mit dem Emblem des Roten Kreuzes gekennzeichnet wurden, und dass sie die Operation nicht mit einer der humanitären Notlage angemessenen Anzahl von Fahrzeugen und Ressourcen ausstatteten. Dass die an Kontrollstellen befindlichen Soldaten die Durchfahrt von Fahrzeugen des Transportes der humanitären Hilfslieferungen ohne Embleme des Roten Kreuzes, in welchen sich die Nahrungsmittel befanden, verhinderten, und damit die Situation extremer Gefahr, in welcher sich die notleidende Bevölkerung befand, verschlimmerten. Vor dem Hintergrund dieser Vorkommnisse sah sich das Honduranische Rote Kreuz anschließend gezwungen, einige ihrer Einheiten mit humanitärer Hilfe in die betroffene Zone zu schicken. Dass die Autoritäten des Honduranischen Roten Kreuzes keine öffentlichen Vorwürfe hinsichtlich dieser von den Militärs verübten, die internationalen Verträge sowie Menschenrechte verletzenden Vorkommnisse erhoben haben.
Die Präsidentin des Honduranischen Roten Kreuzes, Frau Virginia de Mencía und das nationale Präsidium dieser Organisation werden für die Verletzung von sieben fundamentalen Prinzipien des Internationalen Roten Kreuzes verantwortlich gemacht: Humanität, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität.
16. Die de facto-Regierung von Herrn Roberto Micheletti sowie die Streitkräfte von Honduras werden für das hervorgerufene humanitäre Desaster in El Paraíso verantwortlich gemacht, für die willkürlichen und verfassungswidrigen Mittel des Ausnahmezustands sowie für die gegenüber der Bevölkerung ausgeübte Repression, die auf friedliche Art und Weise demonstrierte, die grundlegendsten verfassungsmäßigen Rechte des freien Personenverkehrs, der Meinungsfreiheit, des Rechts auf körperliche und psychische Unversehrtheit, Sicherheit, das Recht auf Nahrung und das Recht auf Leben verletzend, sowie für die Verletzung der internationalen Menschenrechtsabkommen, welche Honduras unterzeichnet hat.
17. Es wurde eine Vielzahl von Meldungen über die besondere Repression gesammelt, welche die Frauen erleiden müssen, indem sexuelle Gewalt sowie Aggressionen als repressive Mittel gegen sie verwendet werden.
18. Den Unternehmern wird vorgeworfen, Ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Drohungen und Nötigung zu zwingen, an den Staatsstreich unterstützenden Aufmärschen teilzunehmen.
19. Sogar aus Kreisen, welche den Staatsstreich rechtfertigen und ihn als „verfassungsmäßige Nachfolge“ bezeichnen, wird die Verletzung persönlicher Rechte des Präsidenten Zelaya durch Entführung, Ausweisung aus Honduras sowie die Verweigerung juristischer Verteidigung, anerkannte Rechte nach der honduranischen Verfassung, angeprangert.
Seitens der gleichen Kreise wurde die Partizipation von Personen an der Regierung des Herrn Micheletti angezeigt, welchen schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden und über die offene Strafverfahren schweben, wie im Fall des sog. „Billy Joya“ und anderen.
20. Die Menschenrechtsorganisationen dokumentierten der Asturischen Beobachterkommission über die Situation der Menschenrechte in Honduras 10 Morde, welche im Rahmen der politischen, sozialen und durch Protestmobilisierungen gegen den Staatsstreich verübt wurden.
Darüber hinaus werden Vorwürfe neuer Fälle von Morden, des Verschwindenlassens, Folter, …, untersucht, welche nach Abschluss der Untersuchung in den endgültigen Bericht eingearbeitet werden.
21. Am 5. August 2009 fand sich die Asturische Kommission in den Einrichtungen der Nationalen Autonomen Universität von Honduras (UNAH) ein, in welcher ein gewaltsames Eindringen der Polizei erfolgt war, die die Rektorin persönlich angriff, welche ihnen die Schwere der Verletzungen der universitären Autonomie zu verdeutlichen versuchte, eine Tat, die nicht einmal während der Militärdiktaturen der 70er Jahre begangen worden war.
Die Asturische Kommission war Augenzeugin eines erneuten und sehr gewaltsamen Eindringens der Polizei in das Universitätsgelände, welches in mehreren Verletzungen sowie Zerstörungen der Umzäunungen des Gebäudes resultierte, aufgrund der angewandten Brutalität von Seiten der Uniformierten sowie des Anzündens eines Fahrzeuges innerhalb der UNAH.
22. Die Organisationen, mit welchen sich die Asturische Kommission traf, schlugen vor, dass die Kooperationsfonds, welche für Programme oder Projekte unter Beteiligung von Regierungsorganismen bestimmt sind, bis zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung eingefroren bleiben. Darüber hinaus wurde die Überlegung mitgeteilt, dass es unnütz sei, einem Armut produzierenden Staat Fonds zur Bekämpfung der Armut bereitzustellen und vorgeschlagen, dass unter den aktuellen Umständen die Kooperationsfonds zur Unterstützung der Menschenrechtsorganisationen sowie zur Umsetzung von Mitteln umzuleiten seien, welche tatsächlich die Transformation der Umstände bezweckten, die Armut und Ungleichheit hervorrufen.
Gleichermaßen wurde die Forderung nach der Präsenz einer größeren Anzahl internationaler Delegationen empfangen und, jedenfalls, mit permanentem Charakter, um die Verletzbarkeit, Unsicherheit und Schutzlosigkeit zu vermindern, in welcher sich die Verteidigerinnen und Verteidiger der Menschenrechte (Ombudsleute) befinden.
23. Uns wurde berichtet und festgestellt, dass in einigen Fällen „Staatsstreiche auf örtlicher Ebene“ verübt werden, indem einige Stadtverwaltungen durch das Heer besetzt werden, auf illegale Weise BürgermeisterInnen festgehalten und abgesetzt werden und andere durch die Putschregierung eingesetzt werden.
24. Die Familie des seitens der honduranischen Polizei ermordeten Polizisten, Roger Vallejo, bat diese Kommission ausdrücklich darum, mit dafür zu sorgen, dass keiner der verübten Morde unbestraft bleibe und dass die internationale Gemeinschaft die repressive Realität erfährt, welche das honduranische Volk erlebt, welches sich gegen den Staatsstreich zur Wehr setzt.
25. Vor dem Hintergrund der Stärkung der Widerstandsbewegung und der Proteste gegen den Putsch bringt die Asturische Beobachterkommission für die Lage der Menschenrechte in Honduras ihre tiefe Besorgnis hinsichtlich einer möglichen Verschärfung der Repression zum Ausdruck.
Die Asturische Beobachterkommission für die Lage der Menschenrechte in Honduras verpflichtet sich, eine permanente Verfolgung der Situation zu realisieren sowie sämtliche Menschenrechtsverletzungen, von denen sie erfährt, anzuzeigen.
Empfehlungen
I. An die internationale Staatengemeinschaft
1. Alle notwendigen Mittel einzusetzen, um dazu beizutragen, den Respekt und den Genuss der Menschenrechte durch die honduranische Bevölkerung zu garantieren;
2. Eine feste Position der Verurteilung des Staatsstreiches beizubehalten und die Wiedereinsetzung des Präsidenten Zelaya und die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung zu fordern;
3. Die Suspendierung der diplomatischen Beziehungen mit dem de facto-Regime sowie jede ökonomische oder finanzielle Unterstützung der in den Staatsstreichverwickelten staatlichen Institutionen beizubehalten;
4. Die Ergebnisse der durch das de facto-Regime einberufenen Wahlen nicht anzuerkennen, wie es vom Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten manifestiert wurde, sowie keinerlei Entscheidung dieser Regierung zu akzeptieren.
Über die die bilateralen Beziehungen mit Honduras
5. Die im Land anwesenden Botschaften müssen die angemessenen Maßnahmen zwecks Leistung eines Beitrags zum Schutz der VerteidigerInnen der Menschenrechte und zivilgesellschaftlichen AktivistInnen, u.a. durch folgende Mittel, beibehalten und verstärken:
- Besuche der Büros von Personen und Organisationen, die sich in Gefahr befinden
- Einladungen und ständiger Austausch mit selbigen
- Logistische Hilfe, welche sachdienlich ist für ihre Sicherheit und die Implementierung eines Warn- und Notsystems des unmittelbaren Zugangs für gefährdete Personen
- Gemeinsam mit internationalen NGOs eine weitere Unterstützung für die honduranische Zivilgesellschaft eröffnen, um ihre Fähigkeit zu Schutz und Beobachtung der Menschenrechte zu verstärken. Insbesondere ist es notwendig, die menschlichen und finanziellen Ressourcen derjenigen zu erhöhen, die die Nöte der im Binnenland Lebenden versorgen.
6. Die internationale Kooperation muss die Suspendierung der Unterstützung des Staatshaushalts sowie von Programmen für staatliche Institutionen, die in den Putsch verwickelt sind, beibehalten, wie auch die humanitäre Hilfe und die Kooperation mit Organisationen der honduranischen Zivilgesellschaft.
7. Die Staaten müssen individuelle Maßnahmen gegen die Hauptverantwortlichen des Staatsstreichs ergreifen, wie die Restriktion der Visavergabe und das Einfrieren von Bankkonten außerhalb des Landes.
Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Honduras
8. Hinsichtlich der Beziehungen zwischen Honduras und der Europäischen Union müssen folgende Maßnahmen angewandt werden:
- Die in Art. 1 des Rahmenvertrags zwischen der der Europäischen Union und Zentralamerika von 1993 angeführte Demokratieklausel, die die Suspendierung der Kooperation im Fall einer schweren Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung vorsieht.
- Das Unterlassen diplomatischer Beziehungen mit der illegitimen Regierung, wie auch mit allen diplomatischen VertreterInnen auf dem Gebiet der Europäischen Union, die die de facto-Regierung unterstützen.
- Über die unmittelbare Haushaltshilfe hinausgehende Suspendierung aller Programme, die darauf gerichtet sind, die staatlichen Institutionen zu unterstützen, die die de facto-Regierung unterstützen.
- Beibehaltung des Beschlusses der Suspendierung der Verhandlungen über den Assoziationsvertrag zwischen der Europäischen Union und Zentralamerika, bis die verfassungsmäßige Ordnung in Honduras wiederhergestellt ist.
- Suspendierung Honduras´ vom Allgemeinen Präferenzensystem (APS plus) der Europäischen Union.
II. An die internationalen Organe und Organismen
9. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission muss die Beobachtung der Lage der Menschenrechte in Honduras beibehalten und weiterhin Vorschläge vorbringen, um die Bevölkerung in Honduras zu schützen; in diesem Sinne drängen die folgenden Aktionen:
- Die Fortesetzung der Erteilung von Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Personen in Gefahr
- Kurzfristige Realisierung eines Landesbesuchs in situ und Veröffentlichung eines Berichtes mit Vorschlägen, die für angemessen erachtet werden.
10. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen muss sich gegen den Staatsstreich in Honduras aussprechen und darüber hinaus Maßnahmen ergreifen, welche der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung dienen.
11. Das System des Menschenrechtsschutzes der UNO muss geeignete Mechanismen in Gang setzen, um die Menschenrechte in Honduras zur Sprache zu bringen, und möge insbesondere folgende Maßnahmen erwägen:
- Eine Resolution auf Ebene des Menschenrechtsrates anzunehmen;
- Eine permanente Repräsentation des Hohen Kommissars für Menschenrechte in Honduras einrichten;
- Untersuchungsvisiten seitens der SpezialreferentInnen in den Bereichen Meinungsfreiheit, Ombudsleute für Menschenrechte und Unabhängigkeit von RichterInnen und AnwältInnen durchführen.
12. Der Internationale Strafgerichtshof muss präventiv handeln. Daher beantragen wir beim Generalstaatsanwalt der Internationalen Strafgerichtshofs, Ermittlungsverfahren im Hinblick auf eine mögliche strafrechtliche Verfolgung wegen Verstoßes gegen Art. 7 b) des Rom-Statuts, welches die Zuständigkeit für das Verbrechen politischer Verfolgung behandelt, einzuleiten.
III. An die Autoritäten und die honduranische Zivilgesellschaft
13. Die Sonderstaatsanwaltschaft für Menschenrechte muss mit größerer Sorgfalt im Hinblick auf die Verteidigung der Menschenrechte der honduranischen Bevölkerung handeln und eine Notkooperation mit der internationalen Gemeinschaft fordern, um ihre Arbeit mit größerer Effektivität zu betreiben. Ramón Custodio, Nationaler Kommissar für Menschenrechte, muss zurücktreten, oder der Kongress muss ihn ersetzen und eine Person benennen, die nicht in den Staatsstreich verwickelt war und Anerkennung in der Verteidigung der Menschenrechte genießt.
15. Die zuständigen juristischen Autoritäten müssen das Dekret 11-2009 für verfassungswidrig erklären.
16. Die Autoritäten müssen die Menschenrechtsverletzungen untersuchen, die durch die de facto-Regierung verübt oder gesponsert wurden, und ihren Pflichten gehorchen, um sich nicht ihrerseits wegen Verweigerung effektiven Rechtsschutzes belangt zu werden.
Die Mitglieder der Streitkräfte und Polizei von Honduras müssen ihre Verpflichtung, die verfassungsmäßige Ordnung zu verteidigen, erfüllen; ihnen muss klar sein, dass sie ein Recht haben, den Gehorsam gegenüber Befehlen zu verweigern, die die Menschenrechte verletzen, und dass sie eine persönliche Verantwortung für die undifferenzierte bzw. missbräuchliche Anwendung von Gewalt besitzen.
18. Die politischen Kräfte, die Nationale Widerstandsfront und die Zivilgesellschaft im Allgemeinen möge einen nationalen Dialog einberufen, der dazu beiträgt, eine neue institutionelle, ökonomische und soziale Ordnung zu schaffen, die den sozialen Frieden, den sozialen Rechtsstaat und den umfassenden und integralen Schutz der Menschenrechte zu sichern.
Die Asturische Beobachterkommission für die Lage der Menschenrechte in Honduras,
Tegucigalpa, Honduras, 6. August 2009,
Oviedo, Asturia, 12. August 2009
übersetzt von Heiner Fechner und Martha Valdez