Beschluss der Mitgliederversammlung der VDJ vom 24.10.2010 zur Lage in Honduras
Montag, 25. Oktober 2010 | Autor: hfe | Diese Seite als PDF herunterladen
Die Mitgliederversammlung der VDJ hat im Rahmen der diesjährigen Verleihung des Hans-Litten-Preises an die honduranische Richterin Tirza Flores Lanza mit Bestürzung zur Kenntnis genommen, dass die ohnehin schwachen rechtsstaatlichen Institutionen in Honduras im Zuge des Staatsstreiches vom 28. Juni 2009 einen schweren Schlag erfahren haben. So wurde über politisch motivierte, rechtlich willkürliche Entlassungen und Versetzungen vor dem Hintergrund eines (verfassungs-)rechtlich und tatsächlich schwach institutionalisierten Richterwahlsystems berichtet. Wir haben viele Indizien vernommen, die auf eine gezielte Einschüchterung von GegnerInnen des Staatsstreiches hinweisen. Ebenfalls haben wir Berichte über systematische Verletzungen politischer und bürgerlicher Menschenrechte sowie der Rechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit gehört, welche von Polizei und Staatsanwaltschaft ausgehen, aber von Verfasungsorganen wie dem Obersten Gerichtshof und dem Ombudsman für Menschenrechte augenscheinlich zumindest gedeckt werden.
Vor diesem Hintergrund
- ruft die VDJ die EU-Kommission und die Bundesregierung dazu auf, die finanzielle und organisatorische Hilfe für Polizei und Staatsanwaltschaft bis zum Erreichen einer gesamtgesellschaftlich getragenen Lösung des Verfassungskonfliktes einzustellen
- erklärt sich die VDJ solidaisch mit der Vereinigung der Richter für die Demokratie (Asociación de Jueces por la Democracia) und ruft Menschenrechtsorganisationen, die Bundesregierung und die allgemeine Öffentlichkeit dazu auf, Druck auf die honduranische Regierung und Justiz auszuüben, die Entlassung der RichterInnen Tirza Flores Lanza, Guillermo López Lone, Ramón Barrios und Luis Chévez de la Rocha, sowie die Versetzungen kritischer RichterInnen zurückzunehmen
- hält die VDJ die Forderung nach einer verfassunggebenden Versammlung zur Ablösung der aus der letzten Diktatur herrührenden Verfassung von 1982 insbesondere vor dem Hintergrund der schwachen verfassungsrechtlichen Absicherung der Gewaltenteilung für legitim und – soweit aus dem Ausland beurteilbar – für den voraussichtlich einzigen Weg der Beendigung der durch den Staatsstreich ausgelösten Verfassungskrise
Berlin, den 24. Oktober 2010