Keine Gefälligkeitspolitik
Sonntag, 3. Oktober 2010 | Autor: hfe | Diese Seite als PDF herunterladen
fordert Bundes-Unsympath Nr.1, Guido Westerwelle, und meint damit die Demonstranten, Protestierer und Blockierer gegen „Stuttgart 21“. Offensichtlich hat er es begriffen: es geht nicht mehr nur um einen idiotischen Bahnhofsausbau, mit dem Ziel für die eiligen Geschäftsfrauen und –männer der 1. Klasse noch 10 Minuten rauszuholen und um Flächen zu schaffen, auf denen die Stadt aufgestylt, „modernisiert“, angechickst oder – damit der Verfassungsschutz in seiner Begriffsstutzigkeit die Verbindung zu militanten Szenen finden kann – gentrifiziert, d.h. aufgemöbelt und vor allem verteuert, werden kann. Längst geht es auch nicht mehr um durchgeknallte Polizeieinsätze, bei denen einige Jungrambos zeigen können, was sie drauf haben. Die kann man immer wieder beobachten. Dieser Protest ist – wie es so schön heißt – in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen, es sind die Kinder des Bürgertums, die dort vermöbelt und mit Tränengas besprüht werden. Das macht ihn für die Westermerkels so gefährlich; damit wird der Protest ein Protest gegen den allgemeinen Wahnsinn der gegenwärtigen Politik. Diesen bemerkt schließlich jeder: wenn zunächst Milliarden für die Bankenrettung auf den Kopf gehauen werden, die unfähigen Banker anschließend wieder Milliarden scheffeln, dafür aber der Krankenkassenbeitrag erhöht wird und zwar ausschließlich bei den arbeitenden Menschen – dann ist das Wahnsinn mit Methode. Das System der solidarischen Krankenversicherung wird aufgegeben, weil angeblich das Geld fehlt – da ist der Protzbahnhof in Stuttgart ein symbolträchtiges Objekt, um dem Unmut Luft zu machen. „Mappus weg“ riefen die Demonstranten – auch das zeigt, dass es um viel mehr geht als um den Bahnhof. Die Ablösung der Regierung ist – jedenfalls für Westdeutschland – eine vergleichsweise seltene Demonstrationslosung – erfolgreich war sie zuletzt vor 20 Jahren – allerdings im Osten. Und wer sagt denn, dass man in Baden-Württemberg halt machen muss – die Bauern aus dem Wendland fahren am nächsten Montag nach Stuttgart und die Autobahn zwischen Lüneburg und Stuttgart ist bekanntlich keine Einbahnstraße. Merkel muss weg und mit ihr der Gefälligkeitspolitiker Westerwelle, der die Ironie seiner Forderung mal wieder nicht begriffen hat: die willfährige Prostitution der Bundesregierung gegenüber den Hoteliers, der Atomindustrie, der Pharma-Lobby usw., das ist es was die Bürgerinnen und Bürger zurecht auf die Barrikaden treibt – Ende offen!
Andreas Fisahn